Supervisions-Sitzung Wolfgang Oberbauer - Berufsausbildung B 7
„Lebendigkeit“ (Vertrauen)


Der 38-jährige Klient landet zu Beginn der Sitzung an einem unterirdischen See, den er als Sammelbecken wahrnimmt - ein Sammelbecken all seiner unterdrückten Gefühle. Als er von dem See aufgefordert wird, das Wasser zu berühren, steigt sofort sein tiefes Misstrauen hoch. In einer konkreten Situation aus seiner Kindheit kann er nacherleben, wie es dazu kam, dass er sein Vertrauen in andere verloren hat. Zugleich erkennt er, dass er bereits damals die Schuld nur bei sich selbst gesucht hat. Dieses „ich bin nicht richtig“ scheint tief verankert zu sein. Während der gesamten Sitzung gibt es immer wieder heftige Körperzuckungen, die der Klient als seine nicht erlaubten Impulse identifiziert. Er spürt seine Lebendigkeit als massiv blockiert und gebremst und landet schließlich bei seiner kaltherzigen, abweisenden und bewertenden Großmutter, die ihm das Tanzen und seine Lebendigkeit verbietet, indem sie all seinen Ausdruck von Lebensfreude als albern abstempelt. Wieder ist der Klient zunächst versucht, sie zu verstehen und die rationalen Gründe in ihrer eigenen nicht gelebten Trauer zu suchen. Dann aber beginnt er, sich mit ihr auseinanderzusetzen, solange, bis sie von selbst anbietet, all diese Prägungen wieder zurück zu nehmen. Sie erlaubt ihm, endlich der zu sein, „wie er gemeint ist“. Der Klient ist sehr berührt und empfindet erstmals ein tiefes Ja zu sich selbst und zu seiner Lebendigkeit.Vorwort:
Das Sitzungsprotokoll hat der Klient selbst anhand einer Kassettenaufzeichnung geschrieben. Er beschreibt deshalb auch Situationen, wie er sie erlebt hat (Musik, seine Empfindungen, Körpersprache, Therapeuten usw. (siehe kleinerer Schriftzug).

Um die Authentizität des Protokolls nicht zu verfälschen wurde diese Beschreibung der Situationen beibehalten. Kommentare vom Therapeuten wurden in blauer, kursiver Schrift nachträglich eingefügt.

In der Tiefenentspannung ist der Klient eine Treppe Gang hinuntergegangen. Die Treppe erleichtert auf der symbolischen Ebenen den Zugang zur Innenwelt.

KL: Ich bin unten angekommen, am Ende der Treppe. Unten ist ein ganz großer, unterirdi-scher See. Ich bin in einer Art Grotte, es sieht aus wie eine alte Tropfsteinhöhle.
TH: Grotten liebst Du ? (Von früheren Sitzungen her bekannt)
KL: (lächelt) Hm, scheint so.
TH: Und wie wirkt die Grotte auf Dich?

KL: Es ist irgendwo sehr kraftvoll, aber auch sehr fremd; unheimlich wäre zu viel, aber irgendetwas geht davon aus. Ich sehe die Wasseroberfläche und sie ist ganz ruhig, keine Bewegung und glasklar. Und es geht so ganz tief herunter.
TH: Also der See ist sehr tief ?
KL: Ja.
TH: Sprich einmal den See an, was er Dir sagen möchte, für was er steht.
KL: See, wofür stehst Du ? Er sagt, er ist ein Reservoir. Ein Sammelbecken.
TH: Für was?
KL: Für was bist Du ein Sammelbecken? (tiefer Seufzer) Er sagt, für all das, was Du zurückhältst.
TH: Aha. Du kannst ihn weiter fragen, wenn Du willst.
KL: Ich würde ihn gerne fragen, was das ist, das da so klar ist.
TH: Frag ihn direkt.
KL: Also, was ist das, was du da sammelst? - Es sieht sehr klar aus – ist das Wasser? – Er sagt, ich soll es anfassen, es selber herausfinden. Ja, ich soll mich mit ihm befassen.
TH: Weißt Du, was der meint damit oder wie das gehen soll?
KL: Ja, dass ich zum Beispiel meinen Finger hinein halte.
TH: Aha. Und, machst du es?
KL: Nee.
TH: Gibt es einen Grund dafür?

KL: Es könnte sein, dass der mich täuschen will.
TH: Sag ihm das.
KL: Ich habe das Gefühl, ich werde getäuscht – dass ich glauben soll, es ist Wasser und es gar kein Wasser ist. Und deshalb komme ich dieser Aufforderung auch nicht nach, das auszuprobieren. Meine Befürchtung ist, dass es kein Wasser ist sondern Säure ist. Das ganze Sauer-Sein.
TH: Und, was sagt der See dazu?

KL: Er sagt „Du könntest Recht haben“.
TH: Was sagt denn dein Gefühl dazu?
KL: Mein Gefühl....?
TH: Ja, was hast Du gerade für ein Gefühl oder Empfinden? Du stehst gerade vor einem See, der dir anbietet, Du sollst den Finger mal hereinstecken oder ihn mal ausprobieren und Du bist aber der Meinung, das ist Säure. Was hast Du denn auf diese Aufforderung für ein Grundgefühl dabei?

KL: Das fühlt sich nicht gut an.
TH: Kennst du das?
KL: Ja. Es ist so, wie wenn jemand einen absichtlich in etwas rein laufen lässt.
TH: Kommt Dir so eine Situation bekannt vor?

KL: Hm, ich überlege gerade.
TH: Nicht überlegen. Wenn spontan etwas kommt, ist das in Ordnung – aber nicht mit Macht herziehen.
KL: Es ist mir durchaus bekannt, solch eine Situation. Das, was mir jetzt ganz spontan kommt, ist ein Erlebnis mit meinem Bruder, der genau wusste, dass ich nicht gut Rechnen kann oder will, dass mir das nicht so liegt...
TH: Wie bist da ungefähr?
KL: Ich war in der Grundschule – er kommt und sagt, er hätte eine Methode gefunden, wie man das 1x1 ganz schnell lernen kann.
TH: Jetzt nicht erzählen, sondern schauen, dass Du in die Situation rein gehst, damit es klappt.
KL zuckt im Bauchbereich
TH: Was ist los mit Deinem Bauch?
(im Bauch-/Herzbereich sitzen Emotionen)
KL: Weiß nicht, es zuckt gerade.
TH: Was zuckt da?

KL: Ich kann es Dir nicht sagen.
TH: Fühl doch mal, was da zuckt. Frag doch mal, was da zuckt.
KL: Was zuckt denn da? Ich krieg da jetzt gerade keinen Zugang.
TH: OK. - Wo bist du jetzt?

KL: Ich bin im Zimmer und mein Bruder sagt mir, ich soll in die Fassung der Lampe fassen – und dann kriege ich richtig einen gewischt.
TH: Ja, und wie geht es Dir so dabei, wenn Dein Bruder das will?
KL: Ich fühle mich ziemlich verarscht.
TH: Sag es ihm doch mal.
KL: „Du hast mich angelogen. Du hast mich verarscht.
TH: Was sagt der Bruder?
KL: Der lacht.
TH: Wie alt ist denn der Bruder?
KL: Ein Jahr älter.
TH: Kannst Du mal den Bruder fragen, ob es ihm bewusst ist, dass es tödlich sein könnte? Ob es ihm bewusst ist, was er da gemacht hat?
KL: Nee, er sagt, ihm ist es ja selber passiert.
TH: Direkt fragen!
KL: Ach so, „Bist du dir eigentlich klar, was Du da gemacht hast und dass das hätte tödlich sein können?
Mit dem Wort „tödlich“ sollte der Kl mehr an seine Emotionen rangeführt werden.
Stimmt das wirklich? (Frage gilt dem TH)
TH: Selbstverständlich. Wenn Du mit dem Herz nicht gut beieinander bist, kann es tödlich sein – wenn Du dumm stehst, d. h. nicht isoliert gegenüber dem Boden bist z. B. barfuss auf einem Steinboden bist, kann es tödlich sein – ich weiß ja nicht, wie euer Boden zuhause war. Es kommt auch auf die innere Verfassung an. - Was sagt der Bruder?

KL: Er sagt, dass ihm das überhaupt nicht klar war. Er hat es an sich selbst erlebt und deshalb wollte er, dass es jetzt jemand anderes auch erlebt. Er war neugierig.
TH: Was möchtest Du ihm sagen?

KL: Dass ich das wirklich scheiße finde. Dass das...
TH: Sag`s ihm direkt.
KL: „Ich finde es irgendwo menschenverachtend, was Du da tust. Und es ist sehr gemein, zu wissen, was jemandem blüht und den da reinzuschicken und sich dann noch lustig zumachen, wenn das passiert. Mein ganzes Vertrauen und auch ein Glaube, der ist irgendwie weg“ .........
TH: Wie reagiert er?
KL: Er findet es einfach nur lustig.
TH: Nach wie vor?

KL: Ja.
TH: Hat er dich überhaupt gehört mit dem, was du ihm erzählt hast?
KL: Nicht wirklich. Er wollte es eigentlich nicht hören.
TH: Wenn Du willst, kannst du ihm das sagen, er soll Dir mal zuhören und mit dem Lachen aufhören.
KL: „ Hör jetzt mal auf zu lachen und hör mir mal zu. Und hör dir einfach mal an, wie es mir damit geht, mit dem, was Du mit mir gemacht hast. Es ist nämlich überhaupt nicht witzig und spaßig. Du hast mich manipuliert. Hast genau gewusst, wo mein schwacher Punkt ist und mich da neugierig gemacht – und das nenne ich Manipulation – und für einen Bruder finde ich das scheiße, wenn das kommt“ .............
TH: Wie reagiert er jetzt darauf?
KL: Er hört sich das so an und ist ein bisschen ....
TH: Er hört es sich an und ein bisschen ...?
KL: Ja, er wirkt etwas betroffen, aber so richtig lässt er es nicht an sich heran.
TH: Kannst du ihm das sagen?
KL: „Mein Eindruck ist, dass du Dir das so anhörst, aber du nicht wirklich begreifst, was Du da gemacht hast und was da passiert ist zwischen uns.
TH: Was passiert?

KL: Es kommt nicht wirklich durch.
TH: Was hast Du denn für ein Gefühl dabei, wenn dein Bruder praktisch überhaupt nicht auf Dich reagiert, wenn du ihn nicht erreichen kannst?

KL: „Für mich bist Du ganz weit weg.“
TH: Aha, aber ich meine, wie es Dir dabei geht, innerlich, was kommt da für ein Gefühl hoch? Wut, Trauer oder sagst Du, es interessiert mich nicht – was kommt da hoch?
KL: Ein ganz tiefes Gefühl von „Enttäuscht-Sein“ oder „Traurig-Sein“. Also mehr „Traurig-Sein“ als „Wütend-Sein“.
TH: Magst Du ihm das sagen?

KL: „Mich macht das sehr traurig, was du da mit mir gemacht hast.“
TH: Wie reagiert er?
KL zuckt wieder
TH: Was war jetzt das?
KL: Ich kann es Dir nicht sagen, es kommt einfach so.
TH: Sprich es einfach mal an.
KL: Was mich ein bisschen gestreift hat, war das Gefühl, es könnte ja doch etwas Impulsives sein, so etwas wie Wut oder so.
TH: Geh doch mal rein, in dieses Impulsive, in diese Wut. Spür sie mal und lass sie hoch-kommen.
KL: Irgendwie ist dieser Schreck über dieses „Da-einen-gewischt-bekommen“ größer als die Wut.
TH: Aha, das habe ich verstanden.
KL: Und auch, ich spür so für mich, dass ich mir selbst vorwerfe, Mensch, warum warst Du so doof, das zu machen und das zu glauben?
TH: Das heißt, Du suchst die Schuld wieder bei Dir. Denn dein Bruder kann ja nichts dafür. Der hat zwar auch die Erfahrung, eine gewischt bekommen zu haben, aber was kann Dein Bruder dafür, wenn ich dich dazu verleitet. Du bist schon selber Schuld - Ist das richtig oder ist es anders?
Der Kl entschuldigt ständig andere und sucht die Schuld bei sich selber – hier war es notwendig, Ihm dies nochmals bewusst machen, damit er an sein Muster kommt.
KL: Also, ich spüre, das, was du gerade gesagt hast, ja, ich bin selber schuld, aber ich merke auch, da ist noch was anderes, das sagt „Nein“.
TH: Lass mal das Andere hochkommen.
KL: Nee.
TH: Lass das Andere doch einmal vortreten. Vielleicht kannst Du dem Anderen mal einen Namen geben. Was ist das Andere?
KL: Ärger. Wütend-Sein.
TH: Das kannst du doch gar nicht. Und ärgerlich kannst Du auch nicht sein. Hm?
KL: Ja, nicht wirklich.
TH: Denn das ist man ja nicht.
KL: Ja, lieber mache ich mir Vorwürfe.
TH: Lieber sagst Du, bin ich selber Schuld.
KL: Ja.
TH: Da bin ich selber schuld, wenn ich als sechsjähriger Junge in eine Fassung reinlange, in der Strom ist. Bin ich doch selber schuld.
Provozierend, um den Kl mehr an seine Muster ranzuführen.
KL: Ich bin schuld, wenn ich dem glaube, dass ich dann das 1x1 kann. Sonst hätte ich das ja gar nicht gemacht. Ich habe jemandem vertraut – ich bin selber schuld. Ich habe jemandem geglaubt und jemandem vertraut. Und das war nicht richtig.
TH: Wer sagt das?
KL: Das zeigt ja die Geschichte. Die Geschichte zeigt, dass ich der Doofe bin, denn ich habe es ja geglaubt, ich bin darauf eingegangen. Ich hätte ja auch sagen können: Du spinnst. Lass mich damit in Ruhe, so etwas kann überhaupt nicht sein, das gibt es nicht – und dann hätte ich da auch nie reingefasst, so doof wäre ich gar nicht gewesen.
TH: Also heißt das, die Geschichte zeigt, wenn du jemals jemandem vertraust, dann bist du meistens der Doofe?
KL: Nein, es zeigt, dass wenn ich jemandem vertraue und enttäuscht werde, dann bin ich der Doofe, weil ich mich ja entscheide, ob ich vertraue oder nicht – und dann habe ich halt einen Fehler gemacht, wenn ich mich nicht richtig entschieden habe, wenn ich es geglaubt habe. Ich bin zu naiv gewesen, zu gutgläubig – und das kann ich nur mir selber zuschreiben.
TH: Wo ist das entstanden? Einfach dieser Satz „Das kannst Du nur dir selbst zuschreiben, da bin ich selbst schuld, wenn ich zu vertrauensselig bin“? Kannst Du da noch mal in eine Situation hineingehen, wo das entstanden ist? Ist das da mit dem Stromschlag entstanden oder ist das früher passiert?
Da sich das Muster weiter fortsetzt, sollte der Kl nochmals in eine Situation gehen, die dazu beigetragen hat.
KL: Ich denke schon, früher.
TH: Können wir da mal noch so eine Situation anschauen? Es ist ja schon etwas merkwürdig, ein 6-jähriges Kind sagt „Ich bin selber schuld, weil ich einem anderen vertraut habe“.
KL: Ja. Das glaube ich aus tiefstem Herzen, dass das so ist.
TH: Was ist denn die Konsequenz davon für Dich?

KL: Dass es sehr schwer wird, zu vertrauen, und dass ich mir das gut überlegen muss, wem ich vertraue.
TH: Ja, freilich. Kommst Du noch mal in so eine Situation herein?
KL: Und eigentlich heißt es, dass man gar keinem vertrauen kann.
TH: Der ganzen Welt kann man nicht vertrauen. Kannst Du noch mal zurückgehen in eine andere Situation?
KL (tiefer Schnaufer)
Was läuft da gerade ab ?
KL: Ich guck gerade, ob sich da noch eine andere Szene ergibt. Es kommen so keine konkreten Szenen – es war nur so oft so, dass wenn ich irgendwo Angst hatte oder irgendwo Hilfe suchte, dann bin ich zu irgendeinem Erwachsenen gegangen und habe gehofft, dass ich da jetzt Schutz kriege und stattdessen wurde ich ausgelacht und es wurde gesagt „Stell dich nicht so an“.
TH: OK, spür das einmal, dieses fehlende Vertrauen zur Außenwelt – was macht es mit Dir? KL zuckt
TH: Was war das?
KL: Wieder so ein Zucken. Ja, es ist möglich, dass sich da viel aufstaut und es aber nicht heraus kann, weil es einfach unheimlich schwer ist, das dann zu zeigen.
TH: Sprich einfach mal an, was sich da anstaut.
KL: Ja.....
TH: Direkt ansprechen – vielleicht kannst du dem ja einen Namen geben, dann spricht man sich leichter.
KL: Ja, meine Lebendigkeit ist das.
TH: Lebendigkeit. Dann sprich sie mal an, Deine Lebendigkeit. ...
TH: Hast du sie schon angesprochen? Ich höre nämlich nichts?
KL: Ja, ...“Hallo Lebendigkeit (lächelt verlegen), ich weiß, dass Du irgendwo da bist in mir – und Du klopfst oft an mit diesem Zucken.............
TH: Kannst du sie mal fragen, was sie braucht, die Lebendigkeit, um sich zu zeigen, um nicht nur anzuklopfen, sondern um sich zu entwickeln?

KL: „Was brauchst Du, um dich zu entwickeln, um dich zu zeigen?“ - Ich glaube, es geht eher um die Frage „Was brauche ICH, um diese Lebendigkeit raus zulassen?“
TH: ..... kriegst Du eine Antwort, um sie raus zulassen?
KL: Nee, ....es ist nur der Satz da „es geht nicht, es geht NICHT“ ich kann diese Lebendigkeit nicht zeigen und rauslassen.
TH: Ok, Wer ist derjenige, der den Satz rüberbringt? „Es geht nicht“ ....und direkt ansprechen.
KL: Das bin ich.
TH: Das bist du selbst?
KL: Ja.
TH: Wer ist das in Dir?

KL: Der, der mich beschützt ?
TH: Aha, dann frage doch mal den, der dich beschützt.
KL: „Wie stellst Du dir das denn vor? Einerseits willst Du mich beschützen – und andererseits schließt du mich mit dem Lebendigen vom Leben aus?“ Das ist ja doch irgendwie paradox......
TH: Was kommt da?
KL: Also es kommt als Gegenantwort „Es gibt gute Gründe, diese Lebendigkeit drin zuhalten“.
TH: Das verstehe ich nicht ganz – allerdings hat er da 38 Jahre Gründe aufgebaut. Kann er dir das näher erklären, derjenige das sagt?
KL: Ja, er kann sich gut an Situationen erinnern, wo ich mit dieser Lebendigkeit nach draußen gekommen bin und die Leute um mich herum kamen damit überhaupt nicht klar.
TH: Dann soll er Dir mal so eine Situation zeigen, ist das möglich?

KL: „Zeige mir mal so eine Situation.....“ Es kommen jetzt so Sequenzen, also eine Szene, an die ich mich erinnere, also dass ich da irgendwo in der Küche stehe und da irgendwie so herumtanze und es mir einfach gut geht und ich richtig fröhlich bin.
TH: Gut, bleib mal dort. Du bist in der Küche und tanzt dort herum.
KL: Ja (lächelt verlegen).
TH: Ist noch jemand da?
KL: Ja, meine Großmutter.
TH: Beschreib sie mal.
Damit der Kl besser wieder in die Situation reinkommt und im „Hier und Jetzt“ ist.
KL: Sie hat ihren Küchenkittel an und kocht da gerade und es passt ihr überhaupt nicht, dass ich da bin und herumtanze. Sie schaut mich an und sagt, ich solle aufhören, so albern zu sein.
TH: Und was denkst du dabei? Was meinst du dazu?
KL: Ich denke „Wieso soll ich aufhören?“
TH: Sprich sie direkt an.
KL: „Warum soll ich aufhören? Warum ist das albern, wenn ich hier einfach fröhlich bin? ....und sie sagt „Als Junge macht man so was nicht“.
TH: Ist es nicht schön, wenn man einen Enkel hat, der fröhlich ist?

KL: Nein, sie kann das überhaupt nicht haben.
TH: Du könntest Ihr z. B. sagen, dass du es schön findest oder was du dabei empfindest.
KL: „Also ich finde es schön, mir geht es gut dabei. So herumzutanzen ist einfach Ausdruck dieser Freude – und ich würde mir wünschen, dass du mit mir zusammen tanzt, dass du es verstehst und dich mit mir freust.“
TH: ....und wie reagiert sie?
KL: Sie sagt „Ich kann mich nicht darüber freuen“.
TH: Was geht ihr denn ab, dass sie sich nicht freuen kann?
KL: „Was passiert denn da bei dir, wenn Du siehst, dass ein Kind da so herumtanzt und sich freut?“ ......... Sie sagt, sie kann es einfach nicht ertragen.

TH: Was hast du den für ein Gefühl dabei? Omas sind doch zärtlich und haben doch viel für die Enkel übrig?
Damit wollte ich den Kl wieder provozieren.
KL: Hm, nein, ganz im Gegenteil......
TH: Ganz im Gegenteil? Was heißt das?
KL: Distanziert...
TH: Sag ihr das mal, direkt.
KL: „Du bist kalt, distanziert, kein Körperkontakt, gefühllos und richtig herrisch...
TH: Ja, richtig.
KL: ... und so richtig lieblos.“
TH: Und wie reagiert sie darauf?
KL: Sie wird jetzt irgendwie ärgerlich, und wie ich überhaupt dazu komme, so was zu sagen, dass wäre ja wohl eine Frechheit, ich sollte mich in Acht nehmen.
TH: Ja, und? Was würdest Du jetzt am liebsten tun, wenn sie ärgerlich wird, wenn du ihr die Wahrheit sagst?

KL: Ich würde sie irgendwie wachrütteln wollen.
TH: Na, dann rütteln sie mal einmal wach.
KL: „Hey, guck doch mal hin! Da ist ein Kind! Es ist dein Enkel – und Du bist meine Oma!
TH: Und, was tut sie?
KL: Sie sagt „Lass mich, fass mich nicht an!“
TH: Was möchtest Du machen, wenn sie sagt „Fass mich nicht an“?
KL: Am liebsten vors Schienbein treten.
TH: Ja, mach es, hau ihr eine vors Schienbein.
KL: (lacht verlegen) „Du bist doof!“
TH: Was passiert?
KL: Jetzt kriege ich eine Ohrfeige.
TH: Und du?
KL: Ich fühle mich nicht stark genug, ihr gewachsen zu sein.
TH: Wie alt bist du gerade?
KL: So 3-4 Jahre.
TH: Ach so, ich dachte, Du bist ein wesentlich älter.
KL: Nee, als ich da so herumgetanzt bin, war ich 3-4.
TH: Dann habe Dich aufs Glatteis geführt. (Aus meiner Sicht war er damals zu klein, um sich hier Erwachsenen gegenüber zu wehren) Wen bräuchtest denn du dazu, wer könnte Dir denn helfen?
KL: Da ist keiner. Höchstens der erwachsene Simon (Simon kannte von früheren Sitzung, dass er auch als heute Erwachsener mit in die Situation einsteigen kann).
TH: Richtig, das wollte ich Dir gerade vorschlagen. Kannst Du den erwachsenen Simon einmal hereinholen?
KL: Ja.
TH: Dass der erwachsene Christian einmal die Großmutter zur Rede stellt und ihr einmal sagt, was aus dem kleinen Simon geworden ist, was sie durch ihr merkwürdiges Verhalten, durch ihr hartes, kaltherziges Verhalten in dem kleinen Christian aufgebaut hat. Kannst Du ihr das einmal sagen?
KL:“ Oma, schau es dir an, was Du mit Deiner Kaltherzigkeit und Lieblosigkeit bei diesem Jungen, der so voller Energie und Lebensfreude steckte, was du damit gemacht hast, dass er da jetzt all diese Energie in sich wegschließt und sie gar nicht wirklich lebt, weil Du ihm irgendwie das Vertrauen genommen hast, dass es da draußen Menschen gibt, die sich darüber freuen, die es verstehen und die es auch begrüßen, dass jemand diese Lebensfreude zeigt!“
TH: Und wie reagiert sie?
KL: Sie sagt, das war nicht ihre Absicht, aber sie hat nicht anders gekonnt.
TH: Ach, sie konnte nicht anders. Verstehst du das?
KL: Ja. Ich weiß, dass sie eine Schwester hatte, die sehr früh gestorben ist.
TH: Und deshalb behandelt sie ihren Enkel so kaltherzig, weil ihre Schwester vorher gestorben ist?
KL: Weil sie halt selber ihr Herz zugemacht hat, sie konnte sich dafür nicht mehr öffnen.
TH: Aber Du hast jetzt einmal die Chance im Hier und Jetzt, mit deiner Oma Tacheles zu reden, ihr klar zusagen, was sie angestellt hat. Sie hat praktisch Dein ganzes Leben beeinflusst z. B. mit „Dieses Kind ist zu früh geboren, das wird sowieso nix“ (aus früherer Sitzung, wo Christian im Brutkasten lag) oder Du kannst aber ihre Entschuldigungen, besser gesagt Ausflüchte, annehmen „Ja, meine Schwester, die ist früh gestorben, und deshalb bin ich halt so hartherzig“ und damit alles weiterhin mitschleppen und akzeptieren.
Also, was willst Du jetzt am liebsten tun?
Hier war es wichtig dem Klienten nochmals das Verhalten seiner Oma ihm gegenüber vorzuführen. Er versucht ständig das Verhalten anderer zu verstehen und kommt dadurch nicht an sein Thema.

KL: Ich möchte es schon klären.
TH: Ok, dann kläre es mit ihr. Zuerst hat der Kleine ihr vors Schienenbein getreten, dann hat sie ihm eine runter gehauen – was möchtest Du jetzt als Erwachsener, als der Große, der jetzt dabeisteht – am liebsten mit ihr machen?
KL: Ich möchte, dass sie sich bei dem entschuldigt, dass sie ihm eine gehauen hat.
TH: Sag es ihr direkt.
KL: „Entschuldige Dich bei dem kleinen Simon und sage ihm, dass kein Verhalten von einem Kind es rechtfertigt, dass es ins Gesicht geschlagen wird. Und sage ihm auch, dass, wenn Du es verbietest, wenn er die Lebendigkeit zeigt, dass es DEIN Problem ist und nicht seins, weil Du damit nicht umgehen kannst mit der Lebendigkeit. Und mache es nicht noch schlimmer, indem Du es dem kleinen Simon auch noch verbietest.“

TH: Super. Was passiert jetzt?
KL: Sie setzt sich jetzt auf einen Stuhl und weint.
TH: Hast Du Deine Oma schon mal so gesehen?
KL: Nein.
TH: Und was hast Du für ein Gefühl dabei, wenn deine Oma weint?
KL: Sie sieht menschlich aus. Es macht sie weicher und menschlicher.
TH: Was möchtest Du denn jetzt am liebsten tun?
KL: Ich möchte ihr jetzt den kleinen Christian auf den Schoß setzen.
TH: Mach das.
KL: Der will aber nicht. Nein, das ist ihm zu viel und zu schnell. Aber er steht jetzt bei ihr und sieht, wie sie weint.
TH: Jetzt setzt die Logik der Innenwelt ein? So schnell geht es nämlich nicht. Was macht der Junge jetzt?
KL: Er guckt einfach nur, er staunt, dass so ein kalter Mensch weinen kann. Er kann das kaum glauben. Aber er hat auch irgendwie Mitgefühl.
TH: Deine Oma, sie hat ja gesagt, sie hat auch keine Lebendigkeit. Du kannst sie ja mal fragen, was sie bräuchte, dass sie mehr Lebendigkeit kriegt.
KL: „Was brauchst Du, dass du mehr Lebendigkeit in dein Leben kriegst?“ Sie sagt, sie braucht mehr Mut, um auch dem Schmerz zu begegnen und die Trauer hochkommen zu lassen. Damit sich das Kalte, was sich um das Herz gebildet hat, damit das aufweicht und sich das Herz öffnet. Sie hat sich zugemacht. Hat nur noch funktioniert. Herrisch und diszipliniert, wie ein gehorsamer Soldat.
TH: Hat sie da eine Idee, was man da machen könnte, dass man das ein bisschen auftaut, dass man das, was sich wie ein Schutzmantel gebildet hat, verändern kann?

KL: Hm..... lange Pause ... Tiefer Seufzer
TH: Was passiert gerade mit Dir? Weshalb schnaufst Du durch?
KL: Ja, ich weiß nicht, ob ich jetzt zu sehr im Kopf bin...
TH: Aha, ja, im Kopf sollst Du jetzt nicht sein. Was passiert jetzt gerade in der Situation? Beschreibe mal gerade die Situation.
Damit der Kl besser wieder in die Situation reinkommt und im „Hier und Jetzt“ ist und die linke Gehirnhälfte verlässt.
KL: Die Situation ist die, dass meine Oma da jetzt gerade in der Küche sitzt und weint und ich das auch sehe und nahe komme.
TH: Und der Kleine?
KL: Ja, der Kleine kommt nah und kriegt plötzlich mit, dass jemand menschlich wird.
TH: Erzähl das doch noch einmal deiner Oma, deiner Großmutter, dass sie menschlich werden kann – direkt ansprechen.
KL: „Wenn ich dich so sehe, dass du weinst, dann bin ich ganz erstaunt, dass du so menschlich sein kannst. Und dass hinter deiner ganzen Kälte Gefühl steckt und ganz viel Schmerz und Traurigkeit.“ Aber ich komme ihr nicht näher, ich bleibe auf Distanz.
Die Oma zeigt bereits Gefühle, das Thema kippt allmählich und deshalb sollte es zur Verstärkung nochmals von einer anderen Seite angegangen werden.
TH: Lebt Deine Oma noch?
Kl: Nein.
TH: Möchtest Du mit ihr einmal sprechen? Wie sie es heute sieht?
KL: Ja, sie sagt jetzt, sie konnte nicht anders.
TH: Also nicht in der Situation mit dem Kind, sondern im Hier und Jetzt. Du kannst mit Ihr sprechen, auch wenn die bereits verstorben ist. ....... Wenn sie da ist, dann beschreib Sie. Wie schaut sie denn aus? Beschreibe sie einmal, die Gesichtszüge, wie sind die?
Christian ist hat sich mit Themen außerhalb des Greifbaren schon öfters auseinandergesetzt und Ihn mit Verstorbenen reden zu lassen, war hier unproblematisch.
KL: Sie sieht jünger aus als ich sie in Erinnerung habe.
TH: Sag ihr das.
KL: „Du siehst jetzt sehr elfenhaft und jung aus. Deine Gesichtszüge sind entspannt, als wenn du da angekommen bist, wo du schon lange hinwolltest.
TH: Wie reagiert sie darauf?
KL: Sie freut sich, dass ich sie sehen kann.
TH: Hat sie immer noch die Entschuldigung, dass sie nicht anders konnte?
KL: Ja, es ging nicht anders.
TH: Kannst Du sie mal fragen? Vielleicht kann sie dir das näher erklären, warum es nicht anders ging.
KL: Sie sagt, sie war einfach gefangen, in dieser Ehe, in dieser Gesellschaft, in diesem „Was-leisten-müssen“, im „Überleben-müssen“, „Was-tun-müssen“ und die Kinder „Versorgen-müssen“.
TH: Und was sagt sie dazu, was aus dir geworden ist jetzt? Wenn sie so hartherzig und gefangen war? Und den Grund wieder woanders sucht und nicht bei sich selbst. (lange Pause)
Kl: Tja, was sagt sie dazu?
TH: Bist du da jetzt im Kopf oder im Gefühl? ..... Du sprichst jetzt mit deiner Oma. Fühl das – was kommt da?
KL: Ich spüre, dass ich da ganz viel, was ich gebraucht hätte, nicht bekommen habe.
TH: Sag ihr das direkt.
KL: „Nicht nur, dass ich ganz viel, was ich von Dir gebraucht hätte, nicht bekommen habe – ich habe auch ganz viel von Dir bekommen, was mir gar nicht gut tut. Und das trage ich immer noch mit mir herum.
TH: Die soll doch einmal den ganzen Schmutz zurücknehmen. Sie kann ja mal all das zurücknehmen, was sie bei Dir abgeladen hat.
KL (tiefer Seufzer und Schlucken)
TH: Was passiert?
KL: Komisch, sie steht da und bietet mir an .... sie sagt „Gib mir zurück, was ich dir da alles gegeben habe“.
TH: Gib’s ihr, das ist doch super.
KL: (zögert) Ja.....Und ich steh da und sehe die Möglichkeit, es zurückzugeben und es geht nicht; ich kann es nicht zurückgeben.
TH: Was hindert dich daran? Du hast hier die einmalige Chance, das alles zurückzugeben, wenn ich das richtig verstehe.
KL: Ja, sie steht da und will es zurücknehmen....Oh nein, Mann, das verstehe ich jetzt nicht (quengelnd) ich gebe es ihr nicht zurück.
TH: Du kannst Deinen Mist gerne noch 20 Jahre mit dir mittragen, deine Oma versteht allmählich, was sie angestellt hat und bietet Dir an, das da jetzt zurückzunehmen.
KL: Ja, und tief in mir glaube ich, dass das irreparabel ist...
TH: Nicht von der Logik her drangehen, vom Gefühl. Nicht im Kopf sein. Sie bietet dir heute an, es zurückzunehmen. Das heißt, das negative Bild, das du seit 36 Jahren von Deiner Oma im Kopf mit trägst, hat die Chance, sich zu verändern – wenn du es ihr zurückgeben willst. Aber, wie gesagt, du kannst es auch die nächsten 20 Jahre noch mitschleppen, wenn dir das lieber ist ?
Es war wichtig ihn hier nochmals aufzustacheln, damit er bereit ist, etwas zu verändern.
KL: Nee.
TH: Und sie nimmt es ja, wenn ich das richtig verstanden habe, sogar auf; nicht einmal mit Gewalt. Sie bietet es dir doch an, oder?
KL: Sie steht da so (hält die Hände offen und ausgesteckt).
TH: Was würdest Du jetzt am liebsten tun, wenn sie da so dasteht?
KL: Die Tür zuhauen und sagen „Es ist zu spät, es geht nicht mehr“ Es ist zu spät.
TH: Ja das kannst Du auch. Allerdings schleppst du den Mist noch weiter mit Dir herum.
KL: Also, ich kann es ja mal versuchen .... Jetzt lege ich ihr das alles rein; alles, was ich von ihr gekriegt habe: was man tut und was man nicht tut, wie man sein soll und was albern ist.

TH: Sag ihr das ruhig direkt.
KL: „ Ich gib dir von dem, was du mir gegeben hast an Kälte, an Abweisung, an Abwertung, Verachtung, Lieblosigkeit, an Glaubenssätzen, was man tun soll, wie man sein soll, was albern ist und was nicht, was richtig ist und was falsch ist, all Deine Annahmen darüber, wie ich sein soll, und all deine Bremsen, die mich in meiner Lebendigkeit blockieren ........
TH: Wie reagiert sie darauf?
KL: Es tut ihr gut, wenn ich ihr das zurückgebe. Ich soll ihr das alles geben (Pause)
TH: Du hast es ihr schon alles gegeben?
KL: Ich bin immer noch dabei, ja.
TH: Mach ruhig weiter. Lass Dir ruhig Zeit. 38 Jahre, da hat sich viel aufgestaut; ich weiß ja nicht, wie lange sie tot ist. Das kannst Du alles zurückgeben. Und sie nimmt es sogar an.
KL: Ja, für mich ist es wirklich wichtig, sie so neu zu sehen, als 18-jähriges Mädchen, als junge Frau.
TH: Bist Du nun im Kopf oder siehst Du sie?
KL: Ich sehe sie mit dem Bild. Und ich möchte ihr sagen „Oma, du warst eigentlich ganz anders als du dich gegeben hast.
TH: Sag es ihr – direkt sagen.
KL: „Oma, du hast dich so verdreht, so versteckt. Du hast so zugemacht. Hast dich so verschlossen mit deinem Schmerz, dass es eigentlich von deinem Wesen, deinem Kern, von dem, wer du bist und was du fühlst, dass das gar nicht rüber gekommen ist. Dass ich das nicht sehen konnte. All die Möglichkeiten. (tiefer Seufzer) Und wenn ich Dir das alles zurückgebe, habe ich noch das Gefühl, es könnte in mir nicht mehr heilen oder gesund werden – aber auch das hat etwas damit zu tun, dass du mir ganz früh irgendwas gegeben hast, von dem du meintest, dass ich das bin oder sein soll; und ich habe das sogar geglaubt. Und das hatte alles nichts mit mir zu tun.
TH: Weißt du, was das ist, von dem du da gerade erzählst?
KL: Ja, dass ich wirklich albern bin, dass man das als Junge nicht tut, so fröhlich zu sein oder zu tanzen. Dass man keine Grimassen schneiden darf als Kind. Aber es hat ja auch was mit Ausdrucksstärke zu tun, mit Freude, Spaß und mit Humor, Witzig-Sein.
TH: Was ist denn mit deiner Oma gerade los? Was passiert mit ihr? Was macht sie?
KL: Sie sagt nur „Ja, gib mir das bitte alles zurück“ Und ich sehe sie als 18-jährige Frau.
TH: Ja, gib es ihr; lade alles einmal bei ihr ab; alles, was du dir aufgeladen hast. Es ist ihr Mist, ihr Gedankengut – alles zurückgeben. Sie hat dich jahrelang damit belastet. ... Was hast du denn für ein Gefühl dabei, wenn du der Oma das alles zurückgeben kannst und sie das alles annimmt? Was macht es mit Dir?
KL: Es ist sehr ungewohnt. Es fühlt sich sehr ungewohnt an. Weil ich irgendwie dachte, dass ich das nie loswerde, dass es einfach zu mir gehört.
TH: ... das nicht albern sein, nicht witzig sein, nicht lebendig sein, nicht tanzen dürfen, weil die Oma so eine Trauerbarriere um sich aufgebaut hat, weil es ja viel schöner ist, in der Trauer und in der Zurückgezogenheit zu leben und kalt zu sein .... aber die Oma kann ja anscheinend auch ganz anders sein?
KL: Ja, aber das ist total ungewohnt für mich, ich komme damit noch nicht klar.

TH: Ja, das kann ich mir schon vorstellen. Du brauchst aber nicht von der Logik her damit klarkommen, sondern nur vom Gefühl her: Deine Oma steht vor dir und bietet Dir an, alles anzunehmen, alles, was sie an seelischem Müll bei dir abgeladen hat, an Kälte, alles, was sie dir an Liebe verweigert hat, das wieder anzunehmen.
Fühl das mal – wie ist das für dich?
KL: Mmh ... (zögerlich)
TH: Würdest du vielleicht klarer kommen damit, wenn Sie Dir im Gegenzug auch etwas gibt? Möchtest Du was von der Oma?
Du könntest sie ja mal fragen, ob sie Dir was geben möchte. Was würde sie dir heute geben?
KL: „Oma, was würdest du mir heute geben?“ So etwas wie die Erlaubnis, zu sein, wie ich gemeint bin. Aber, nee, ich kann das nicht glauben, das ist...ich komme da nicht hin... ich kriege ja schon Kopfschmerzen...
TH: Du setzt immer die logische Hälfte ein. Du sprichst mit der Oma, die gestorben ist. Und Verstorbene, diese Leute lügen nicht. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie einem etwas vormachen ....und Deinem Unterbewusstsein machen die schon gar nichts vor. Schau mal der Oma in die Augen. Schaut sie dich an oder schaut sie zum Boden?
Test: Leute, die einen in die Augen schauen können, sind ehrlich.
KL: Sie schaut mich schon an.
TH: Dann soll sie noch einmal wiederholen, was sie dir geben möchte und dabei kannst Du ihr in die Augen schauen. ... Pause ...
TH: Was passiert?
KL: Also was sie mir da gibt, ist die Erlaubnis, der zu sein, der ich gemeint bin.
TH: Der ich gemeint bin, das verstehe ich nicht ganz.
KL: Ja, nicht der zu sein, den andere haben wollen, sondern so, wie es ist und auch so, dass ich meine Impulse rauslassen kann, mich zu zeigen, mich zeigen zu dürfen und dass es in Ordnung ist.
TH: Super. Du, wir können ja mal kurz einen Test machen. Jetzt gehst Du noch einmal in die Küche zurück, wo du als dreijähriger Junge herum springst und herumtanzt. Sie steht am Herd und kocht gerade. Albere da mal so richtig kräftig herum. Schrei noch oder mach, was dir gerade einfällt.
Notwendig, um festzustellen ob sich wirklich bei Simon etwas aufgelöst hat bzw. ob das Muster gekippt wurde.
KL: Ha! (lacht und schmunzelt) In diesem Bild ist es jetzt so, dass meine Oma (lacht wieder, etwas verlegen) mit mir herumhüpft, dass meine Fröhlichkeit sie ansteckt. Und dass sie sich darüber freut und es auch unterstützt.
TH: Kannst du die Situation in dich aufnehmen und so einmal so richtig fühlen, wie das für den kleinen Simon ist?
KL: Ja, es entsteht ein richtiger Kontakt.
TH: Und wenn der Kontakt da ist, was möchtest Du am liebsten tun?
KL: Sie umarmen und ihr sagen, dass ich sie lieb habe (lächelt verlegen).
TH: Ja, mach das doch mal.
KL: Ja... (tiefer Seufzer)
TH: Was passiert?
KL: Ja, es ist gut. Es tut gut.
TH: Umarmst du sie gerade?
KL: Ja.
TH: Und was macht sie? Wie reagiert sie darauf, wenn sie umarmt wird?
KL: Sie erwidert das.
TH: Spür das mal so richtig. Du hast deine Oma im Arm und sie erwiderst das. Spür das mal, richtig, nimm das voll in dich auf.
KL: (tiefer Seufzer) Es ist wie ein ganz tiefes JA.
TH: Ja, genau, richtig spüren lassen.
KL: So ein tiefes „Ich darf sein. Ich werde gesehen.“ Und ich bin auch im Kontakt.
TH: Bleib schön drin in dem Gefühl, spür das richtig, dass du deine Oma endlich einmal im Arm hast. Und nicht diese hartherzige Oma, wie die du sie über 30 Jahren kennen gelernt hast.
KL: Ich sitze jetzt auf dem Schoß bei ihr, lehne mich an bei ihr.
TH legt eine schöne, friedliche Entspannungsmusik ein, ganz zart und leise
KL: Da ist ein ganz tiefes Gefühl von Angenommen-Sein. Sein-dürfen. Mich zeigen dürfen.
TH: Ja, bleib schön in dem Gefühl drin. Passt die Musik dazu?
KL: Ja.
TH: Jetzt bleibst Du einmal ein paar Minute in dem Gefühl drin, ich komme dann wieder, ich möchte Dich absichtlich ein bisschen allein lassen – ist das ok?

KL: Ja. (tiefer Seufzer) spürt nach, es kommen Tränen. Etwas löst sich. (Klient beschreibt sich her selbst, wie bereits im Vorwort beschrieben)
TH: (kommt wieder herein) Wie geht es dir denn?
KL: Ja, gut, ich merke, ich etwas weinen muss und da ist noch etwas da drunter, dass mir richtig den Hals zuschnürt.
TH: Sprich es mal an. Was ist das, was dir da den Hals zuschnürt?
KL: Dass es ihr gelungen ist, mich so ganz tief zu verunsichern, was mich betrifft und wer ich bin und der ich sein darf, der ich bin. Willkommen zu sein ... und solche Dinge.
TH: Willst du das noch weiter fühlen?
KL: Mmh... ja - und da ist Schmerz und eine Sehnsucht nach einer liebevollen Oma.
TH: Spür das. Spüre die liebevolle Oma jetzt.
TH: Ich gehe jetzt noch einmal raus und du kannst jetzt gerne weinen oder das tun, was du gerade willst – ist das ok?
KL: Ja. (weint noch etwas, während im Hintergrund die Musik leise läuft und schneuzt sich dann. Tiefe Seufzer folgen -> Klient ist hier alleine)
TH: (kommt wieder herein) Wie geht es dir denn jetzt?
KL: Es tut einerseits gut, das neue Bild von ihr zu spüren – aber da ist noch ganz viel Schmerz und Traurigkeit.
TH: Das ist doch toll, ein neues Bild von Deiner Oma. Allerdings kannst Du nicht alles in einer Sitzung auflösen.
Mit dem Schmerz und der Trauer hätte man hier eine Vereinbarung treffen können, aber der „Prozessfluss“ sollte nicht unterbrochen werden.
KL: Nein, das erwarte ich auch nicht. Ich wollte nur sagen, wie es mir so geht.
TH: Können wir dann jetzt noch einmal zu deiner Oma zurückgehen im Hier und Jetzt - da, wo du sie als junges Mädchen siehst?
....um festzustellen, inwieweit das Thema sich aufgelöst hat.
KL: Ja. Sie ist jetzt da.
TH: Möchtest Du noch etwas bei ihr abladen? Du hast ja einiges abgeladen, was sie Dir vermittelt hat, dass man nicht lustig, nicht albern ist, dass man nicht herumtollt, dass man nicht tanzt?
KL: Nein.
TH: Wie verhält sie sich jetzt? Tut es ihr zum Beispiel leid?
KL: Ja, es tut ihr sehr leid. Und deshalb ist sie ja auch so froh über alles, was ich ihr jetzt zurückgebe.
TH: Was möchtest du noch machen mit ihr? Ihr noch was sagen? Du kannst sie auch noch was fragen, wie es ihr jetzt zum Beispiel geht.
KL: Ja. „Wie geht es dir jetzt mit mir, wenn Du m
ich so siehst?“ tiefer Seufzer. Sie sagt, sie hat erst jetzt so richtig den Blick, mich sehen zu können. Sie hat mich vorher gar nicht so richtig gesehen. Und dass sie stolz ist auf das, was sie sieht.
TH: Wie ist das für Dich, wenn sie stolz ist, auf Dich?
KL: Neu, neu - aber gut. Und ich will ihr jetzt sagen „OK, ich habe halt vieles nicht gekriegt, als Du noch da warst, und du hast mir vieles gegeben, was mir nicht gut tat – aber wir können das ausgleichen, wenn du mir von da, wo du jetzt bist, einfach deine Unterstützung schickst. Dein Wohlwollen und deine Kraft. Und deine Erlaubnis. Und auch Liebe. Und dieses uneingeschränkte JA. Einfach JA.
TH: Und wie reagiert sie darauf? Was tut sie?
KL: Ja, sie will das gerne tun. Für sie ist es auch ein Geschenk, dass wir jetzt auch so in diese neue Begegnung kommen. Und sie sagt, sie macht sich jetzt auch Vorwürfe. Aber das bringt nichts. Wir wollen uns jetzt nichts mehr vorwerfen. Es ist jetzt nur wichtig, für die Zukunft das Beste aus dem zu machen. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern.
TH: Mmh, ja – toll.
KL: Und wenn ich spüre, dass sie da, wo sie jetzt ist, mit Wohlwollen auf mich schaut, dann tut mir das sehr gut (weint beinahe vor Berührt-Sein).
TH: Spüre das wieder. Lass das richtig kommen. So richtig reingehen. Spür das.
KL: tiefer Seufzer
TH: Sie hat Wohlwollen für Dich, sie ist stolz auf Dich.
KL: (weint) Und da ist ganz viel Anteilnahme und ein Interesse; ein ehrliches Interesse, wie es bei mir weitergeht. Und dass es auch gut weitergeht.
TH: Ja .... willst du sie dazu etwas fragen?
KL: Ich möchte sie fragen, ob sie eine Idee hat, was sie meint, in welche Richtung es gut weitergehen kann bzw. könnte.
TH: Direkt ansprechen.
KL: ... sie sagt „Mache genau da auf dem Weg weiter, auf dem du jetzt bist“.
TH: Kannst du damit etwas anfangen oder willst Du es genauer wissen?
KL: Ich frage sie am Besten noch einmal „Was meinst Du damit?“ Sie sagt, sie meint damit, all diese alten Dinge auszumisten und sich von dem schweren und dem falschen Ballast zu befreien.
TH: Da bist Du ja gerade dabei.
KL: Ja, und eben auch zu diesem tiefen JA zu kommen; JA zu mir und auch JA zu meiner Lebendigkeit, zu meinem So-Sein.
TH: Ja. Wie ist das für Dich, was fühlst Du dabei?
KL: Fühlt sich gut an, aber es ist neu – aber es ist gut.
TH: Klar, es ist neu, ein völlig neues Gefühl.
KL: Ja, es fühlt sich gut an.
TH: Lass es richtig kommen. Geh in dein neues Gefühl rein. Das hast du jahrelang zurückge-drängt. Lass es richtig hochkommen. Willst du noch mal alleine sein?
KL: Nein, da ist schon ok. Ich denke, dass das jetzt so langsam wirken kann.
TH: Wenn Du jetzt das ganze Thema, das du da jetzt so siehst, das Gefühl, dass du mit deiner Oma sprichst, wenn du dem eine Farbe geben würdest, welche wäre das dann? Welche Farbe beschreibt am besten für Dich die Situation des neuen Gefühles?
KL: Ich hatte gerade das Rot – zwischen rot und orange. Und Gelb, gelb ist auch noch da.
... um das ganze Thema noch tiefer zu verankern, sollte Farbe einfließen.
TH: Jetzt stelle dir einmal vor, die universelle Energie, die überall im Kosmos vorhanden ist, besteht aus der Farbe rot, orange und gelb – und sie fließt jetzt in dein Scheitelchakra in deinen Körper rein. Achte dabei darauf in welche Teile Deines Körpers sie besonders fließt – in welche Teile die Farbe weniger fließt. Wenn Sie aufhört zu fließen, auch wenn sie nur teilweise in Deinen Körper geflossen ist, dann sag mir Bescheid.
....... fließt die Farbe ?
KL: Ja, es ist ein ganz klares Gelb jetzt.
TH: Lass es ruhig fließen. (legt leise Hintergrundmusik auf, es singt oder summt ein Chor).
KL: (tiefe Seufzer) Es tut gut, jetzt diese Kraft von ihr zu spüren, als eine wohlwollende Energie. (Musik wird leiser, tiefe Seufzer). Es ist jetzt sehr viel Ruhe da und eine tiefe Entspannung. Wie ein Frieden.
TH: Ja, bleib jetzt nur richtig in diesem Gefühl. Schön spüren, das ist ganz wichtig für dich, dass Du das spürst. Lass Dir ruhig Zeit, es eilt überhaupt nicht.
KL: Hm...(tiefes Atmen - jetzt klingt leise eine mir bekannte, beruhigende, klassische Musik an - Dehnen, Strecken, tiefes Ausatmen und Schnaufen)
TH: Wie geht`s dir denn?
KL: Gut.
TH: Wie geht`s denn der Farbe?
KL: Die hat sich schön verteilt.
TH: Kommst Du dann allmählich in Deinem Rhythmus, deiner Geschwindigkeit zurück?
KL: Es ist wirklich so, als wenn ich mit einem Teil von mir so richtig Frieden gefunden habe.