Praxislizenz Ilona Schließmann
4. Sitzungsbeispiel ,,Kein Bock mehr“ (Klientin 1)
Klientin ist an diesem Tag genervt, angespannt und ärgerlich, drückt
das deutlich während des Vorgesprächs aus.
Wir steigen mit diesem Gefühlszustand direkt –ohne Entspannungstext-
in die Bilderwelt ein. Die Gefühle (Ärger/Wut) sind sofort präsent.
Die Klientin ist ,,stocksauer“ auf mich als Therapeutin. Ermuntere sie daraufhin
das auszudrücken, da ihr meine wörtlich ,,betuliche Art heftig auf die
Nerven geht“.
(Schlage ihr daraufhin vor, mich in die Innenwelt zu holen und sich dort mit mir
auseinanderzusetzen, da ich in ihrer Innenwelt einen ihrer eigenen Aspekte repräsentiere.)
Kl: (enttäuscht) Ich sehe dich überhaupt nicht. (genervt) Ach, ich will
eigentlich nicht gucken, ich will nur schimpfen.
(Spiegele ihr das.)
Th: (herausfordernd) Ja genau. Dann schimpf mal! Erlaub dir das! (ermunternd)
Jetzt hast du die Chance. Du kannst den Ärger aber auch wieder wegdrücken.
(Klientin entscheidet sich für Letzteres. Sie drückt den Ärger
weg, wobei der Ärger verraucht und der Körper sofort durch heftige Schmerzen
auf sich aufmerksam macht. Sie spürt den Schmerz und wird wütend.)
Kl: (wütend) Ich muss mich jetzt an was erinnern, was ich so richtig Scheiße
finde, wo ich Zorn kriege. (verzweifelt) wenn ich merke das alles weh tut, der
Unterleib weh tut, anstatt dass er Kinder kriegt. Neiiiin. Ich hab so einen Zorn
auf mich, dass das nicht klappt.
(Sie soll in direkte Konfrontation/Ansprache mit dem Körper gehen.)
Kl: (stocksauer) zum Körper:Ich hab Zorn auf dich, dass du nicht funktionierst,
dass du nur weh tust und Scheiße baust, aber nicht das machst, was ich will.
Die Klientin ist zornig und traurig zugleich, fühlt sich ,,anders als die
Anderen“ (Ausdruck auch im Alltag ,,Anders sein“) Tränen fließen,
sie lässt die Traurigkeit dasein.
(Gebe ihr genügend Zeit und Raum ihre Gefühle auszudrücken.)
Th: Wie ist das, anders als die Anderen zu sein?
Kl: Das ist ein Scheißgefühl. Einsamkeit ist das .(Sie benennt das
Thema). Sie soll dieses Gefühl der Einsamkeit spüren, weiterhin in Kontakt
mit dem Körper bleiben.
Der Magen meldet sich plötzlich mit unüberhörbarem Grummeln.
Th: Hör mal, da meldet sich was.
Kl: (missmutig zur Therapeutin) Kannst du ja mit ihm reden, wenn du willst.
Th: (bestimmt) Nee, mach ich nicht! Spür mal. Ich begleite dich und es ist
dein Körper, dein Unterleib und deine Verantwortung. Du darfst auf alles
sauer sein und das auch ausdrücken. Aber ich kann das nicht für dich
tun.
Kl: (stinkig) Ich will nicht, dass du das für mich tust. Ich will überhaupt
nicht, dass damit (mit dem Körper/Unterleib) geredet wird.
(Ein kleines trotziges Kind macht sich da bemerkbar. Schlage ihr deshalb vor,
einfach liegenzubleiben, nichts zu tun, wahrzunehmen wie es sich anfühlt,
nichts zu tun. Reflektiere ihr ihre Gleichgültigkeit = Handlungsunfähigkeit
= keine aktive Veränderungsarbeit in der Innenwelt = keine Veränderung
im Außen)
Kl: (hustend) Es ist alles Scheiße, mir ist zum Kotzen.
(Mache sie auf den Husten -steht oft für unterdrückte Wut/Ärger-
aufmerksam).
Kl: (entschuldigend) Naja, ich war ja auch krank.
(Klientin fühlt sich noch nicht eigenverantwortlich für den Krankheitsausdruck
Husten. Mache sie daraufhin auf die Wichtigkeit der Bereitschaft zur Konfrontation
mit allem, was sich in der Innenwelt in Symbolform ausdrückt aufmerksam und
spiegele ihr, dass es ihr eigener Ausdruck ist.)
Kl: (verzweifelt) Ich weiß nicht, wie ich an das Gefühl herankomme.
Nachdem ich ihr ihre Gleichgültigkeit spiegele, sie auffordere, den Zorn
anzusprechen, zeigt sich im gleichen Moment eine große Fratze mit Klauen.
Klientin ist allerdings nicht zufrieden mit diesem Ausdruck, will mehr Zorn spüren.
Just in diesem Moment, taucht der (Glaubenssatz: ,,Ist doch alles nicht so schlimm!“)
in ihr auf und der Zorn verschwindet auf der Stelle.
Sie soll mal hinhören, wer diesen Satz in ihr sagt. (Wiederhole den Satz
zur Verstärkung.) Klientin geht nicht darauf ein, zeigt auch keine Bereitschaft
in Kontakt mit dem Husten zu gehen, sich dessen Entstehungsort/Situation zeigen
zu lassen.
Klientin entflieht in schnell wechselnde Bilder, wobei sich eine verstopfte Nase,
kalte Füße, Rücken-, Unterleibs- und Kopfschmerzen bemerkbar machen.
Der Magen sendet lautstarke Signale, aber die Klientin ist sauer.
Kl: (ärgerlich) Das ist mir völlig egal. Ich hab jetzt keine Lust über
dich (Magen) nachzudenken.
(Halte sie in Kontakt, spiegele ihr die Gleichgültigkeit). Währenddessen
wächst ihr Ärger.
Kl: (ärgerlich) Warum muss ich hier liegen? Warum muss es bei mir immer so
schwierig sein?
(Sie ist in der Projektion, ermuntere sie, den Ärger auszudrücken, schlage
vor, sie soll ihren Körper mit in die Innenwelt holen.)
Kl: Ich sehe mich überhaupt nicht.
Spiegele ihr, dass sie nicht bereit ist in Kontakt zu gehen, verweigert und sich
deshalb auch nicht wahrnimmt.
Plötzlich nimmt sie ihren Körper doch wahr mit den Worten:
(genervt) Jaaaa, ich muss vernünftigerweise gucken, was da ist, was du (Körper)
ausdrücken willst... Mein Gott! Das hatten wir doch jetzt schon zum 1.000sten
Mal. Es geht nicht mehr. Ich kann die Synergetik nicht bewerkstelligen.
(Sie soll spüren, was der Husten mit dem Zorn zu tun hat, wird ärgerlich,
interveniere, sie soll mich in die Innenwelt holen und ...sieht mich nicht. Sie
hat also keine Lust auf Konfrontation mit dem Energiebild ,,Therapeutin“.)
In dieser Situation, die Klientin ist bereits äußerst sauer auf mich,
mache ich den Vorschlag, sie solle ihre Mutter mit dazuholen. Die Mutter sagt
ihrer Tochter, sie wäre schon immer von Kindheit an so unzufrieden gewesen,
solle sich doch mit weniger zufrieden geben.
In Bezug auf Mutter/Kindheit erinnert sich die Klientin plötzlich an einen
sich ständig wiederholenden Traum, in dessen Mittelpunkt halbverhungerte
Meerschweinchen stehen. Sie träumte ihn eine Nacht zuvor und die Bilder sind
noch präsent.
(Im Verlauf der vorheriger Sitzungen standen die Meerschweinchen für ihre
,,Inneren Kinder“, die sie ebenso vernachlässigt hatte. Nachdem sie
bereit war, mit den Kindern (insgesamt 3unterschiedlichen Alters, siehe Sitzung
2 )in Kontakt zu gehen, veränderten sich die Meerschweinchen zusehends, bis
sie eines Nachts im Traum der Klientin fröhlich Fußball spielten.
Nach diesem Traum ging die Bereitschaft der Klientin sich mit den beiden anderen
Kindern zu beschäftigen, merklich zurück, wobei momentan die kleine
4jährige besondere Aufmerksamkeit fordert .
Heute erscheinen die zerzausten Meerschweinchen in der Innenwelt wieder...)
Sie geht in Kontakt, fragt nach einer Botschaft. Zuerst ergreifen die Meerschweinchen
die Flucht, kurze Zeit später sind sie allerdings bereit, eine Botschaft
zu übermitteln. Sie lautet, die Klientin könne nicht richtig für
sie sorgen, worauf sich der Verstand mit den Worten meldet:
,,Siehst du, das ist die Quittung dafür, dass du vorhin deinen Körper
nicht hast hören wollen!“ Er geht mit den Worten: ,,Du machst ja dein
eigenes Ding. Du willst da nicht richtig hingucken. Du sorgst ja gar nicht für
deinen Körper. Damit legt der Verstand in der Innenwelt seinen Bleistift
beiseite und lehnt sich entspannt zurück.
Klientin ist in der Projektion, sauer hat keinen Bock mehr.
Der Magen rebelliert laut und heftig, sodass nach einer längeren Pause die
Klientin doch bereit ist, nachzuspüren.
Der Magen zeigt der Klientin einen dunklen Wald und singt ihr das Kinderlied ,,Ein
Männlein steht im Walde“.
Kl: Was soll der Scheiß?
Sie soll mal hinhören, hinspüren. Sie trägt einen roten Umhang
und kommt sich doof damit vor. (Summe ihr das Lied zur Unterstützung vor).
Sie sieht sich als Kind ängstlich und verunsichert in einer Runde von Kindern
stehen. Die Kinder haben ihr diesen Mantel umgehängt und machen sich lustig
über sie. Sie will nicht in Kontakt mit den Kindern gehen. Sie geht als Große
in die Szene und stärkt der Kleinen den Rücken, stellt sich hinter sie,
ergreift Partei für die Kleine, verbrennt schließlich den hässlichen
Mantel im Feuer.
(Im Hintergrund Geräusche-CD ,,Feuerknistern“ zur Unterstützung)
Sie nimmt einem der Kinder eine dicke Jacke weg und hängt sie der Kleinen
um, setzt sich mit ihr ans Feuer.
(Da sich die Klientin mit Kontakt und Veränderung in ihrer Innenwelt schwer
tut, sind dies schon kleine aber wichtige Erfahrungsschritte.)
Kl: So richtig innig sind wir beide noch nicht.
Ich hab doch ein sehr pragmatisches Vorgehen, aber so richtig mit Gefühl
bin ich nicht bei der Sache und zur Kleinen: auch nicht so richtig nahe. (Sie
nimmt deutlich die gefühlsmäßige Distanz zwischen sich und der
Kleinen wahr. Halte beide in Kontakt.)
Kl: Die Kleine ist nachdenklich so wie ,,Ich kann nicht mehr erwarten“.(Mustersatz)
Spiegele der Großen diesen Satz.
Kl: Ich hab ein schlechtes Gewissen dabei, aber ich kann nicht anders.
(Klientin nimmt wahr, dass sie sich der Kleinen gegenüber noch nicht öffnen
kann, drückt das auch aus. Dabei verspürt sie eine tiefe Traurigkeit.
Sie will sich von der Kleinen die Situation zeigen, seit der sie ,,aufgegeben“
und resigniert hat, die Traurigkeit entstanden ist.)
Es erscheint kein Bild dazu. Sie soll ihre Mutter hinzuholen, ihr die Kleine zeigen.
Die Kleine hat keine Lust zur Mutter zu gehen Schließlich ergreift die Klientin
die Initiative, macht der Mutter heftige Vorwürfe.
Kl: Ich glaub, du weißt ganz genau, dass du für die Kleine nicht genug
da bist. Wie, als ob dich irgendwann einmal was getroffen und verhärmt hätte
und seitdem funktionierst du halt nur noch irgendwie.
(Die Klientin spricht über sich selbst, die Kleine spiegelt nur ihre Gefühle.)
Leben ist in dir keins mehr. Du schenkst der kleinen 4jährigen keine Liebe.
Sie soll spüren, was die Kleine braucht.
Kl: (traurig) Die Kleine ist alleine, einfach nur alleine (Thema Alleinsein).
Sie hat nie jemanden, der ihr sagt, dass sie gut ist, der ihr sagt, dass sie keinen
Grund hat, das zu fühlen, was sie eben fühlt.
Sie soll es als Große der Kleinen sagen.
(Indem sie das tut, übernimmt sie die Verantwortung gegenüber ihren
Gefühlen. Die Gefühle der Kleinen sind auch die ihren.)
Kl: (tröstend) Du hast keinen Grund dich so zu fühlen. Du bist genauso
eine wie alle anderen, die um das Feuer herumstehen. Aber es fehlt dir...(stockt-überlegt)
Th: Ja spür mal, was ihr fehlt.
Der Kleinen fehlte die Bestätigung nicht anders zu sein als alle anderen.
Th: Ja spür mal, was du ihr jetzt sagen willst als Große. Jetzt!
Kl: (leicht erregt) Tja, dass das nicht so ist.
(Sie soll es ihr sagen, ihr dabei in die Augen gucken.)
Kl: Du warst immer auf dich allein gestellt Du bist nicht anders als andere. Du
hast dich selbst dazu gemacht und von Anfang an eine falsche Information bekommen,
du seist schlecht und nicht liebenswert. Irgendwas, was dein Selbstwertgefühl
(Thema) nieder gehalten hat. Das hat dich viel Kraft gekostet.
(Sie soll die Mutter mit dazuholen.)
Kl: Ja, was sagst du dazu, Mutter? Dass muss dir doch eine Ohrfeige sein, im Zeugnis
eine 6.
(Jetzt ist die Klientin bereit sich mit ihrem Energiebild Mutter zu konfrontieren.)
Die Mutter macht den Eindruck, als hüte sie ein Geheimnis um ein unabänderliches
Schicksal, welches es noch zu lüften gelte, während die Kleine bittet
und fleht, sie solle dieses Geheimnis doch preisgeben. Da sich die Klientin hartnäckig
mit ihrer Mutter teils flehend teils bittend auseinandersetzt, verändert
sich die Mutter zusehends. Sie zeigt immer mehr ihre Traurigkeit und ihren Schmerz,
bis die Gefühle ganz aus ihr hervorbrechen. Das Geheimnis allerdings gibt
sie nicht preis. Zusehends wird der Klientin bewusst, dass sie die Traurigkeit
der Mutter als Kind schon übernommen hat.
Kl: Die Kleine sagt jetzt: Mutter, sag mir doch was ist. Und die Mutter ist hemmungslos
am Weinen.
Daraufhin driftet die Klientin in andere Bilder ab, indem sie die Situation verlässt.
Sie soll mit der Kleinen in Kontakt gehen.
Die Kleine nimmt sie an der Hand und sagt: Bleib hier bei mir und hilf uns dreien.
Klientin ist müde, fühlt sich überfordert und sagt das der Kleinen.
(Spiegele ihr wie wichtig der Kontakt und Dialog zwischen der Kleinen als Teil
von ihr und der Mutter ist und schlage vor, an dieser Stelle eine Vereinbarung
zu treffen, da die Klientin am darauffolgenden Tag einen weiteren Sitzungstermin
hat).
Die Mutter reagiert nicht mit einem klaren ,,Ja“ in der Innenwelt, wobei
die Klientin keine persönliche Betroffenheit verspürt.
Kl: Das ist wie so ein Schutz. (und hustet dabei kräftig)
(Sie soll es ihrer Mutter und der Kleinen sagen.)
Die Kleine ist entsetzt und enttäuscht über die Reaktion der Großen
(Klientin) während die Mutter allwissend dreinschaut, so wie: Ich kenne das
alles über die Jahre hinweg, diese ganze traurige Geschichte von Anfang bis
Ende.
Th: Ja spür mal. Du kennst diese traurige Geschichte von Anfang bis zum Ende.
,,Selbstliebe und Halt“ bräuchte die Mutter als Qualität. Dieser
Qualität spricht die Kl. dunkelorange zu.
Lasse Farbe (Basishandwerkszeug) einlaufen, zuvor genau beschreiben, da die Klientin
in die Müdigkeit abzudriften droht. Während des Farbe-Einlaufens macht
sich die Müdigkeit bemerkbar. (Eine Überprüfung zurVeränderung
des Innenweltbildes ,,Mutter“ ist an diesem Punkt leider nicht mehr möglich).
Die Klientin fühlt sich entspannt, möchte die Sitzung beenden und am
Tag darauf weiter fortführen.
Sie genießt abschließend die Nachruhephase mit Musik aus der CD ,,Songs
for the Inner Child.