Probesitzung

Die Probesitzung dient dazu, dem Klienten und für den Therapeuten sichtbar zu machen, welche Themen vorhanden sind und wie sie verknüpft sind. Dabei geht man nicht gleich in die Auflösungs-Arbeit und Tiefe, sondern versucht so viele Themen wie möglich aufzudecken. Der „klassische“ Einstieg ist, dass der Klient durch den Einführungstext geleitet eine Treppe hinuntergeht, in einem Gang landet und Türen öffnet, die symbolisch für die verschiedenen Themen stehen. Bei dieser Klientin hat dieser Entspannungstext keine solche bildhafte Hinführungs-Wirkung, sondern ihr stehen sofort eigene Bilder aus der Kindheit vor Augen, so als hätte sie den Text gar nicht wahrgenommen. Daher entschließt sich die Th. die Themen über die Ansprache der verschiedenen Bilder sichtbar zu machen.

Th.: ...und teile mir einfach mit, was bei dir ist --- die Kl. unterbricht sie ---
Kl.: ganz viele verschiedene Bilder --- ein Kinderbild von mir vor Augen ---
Th: ja, was ist das für eins?
Kl.: ich glaub da sitz ich auf der Schulbank
Th: wie alt bist du da?
Kl.: Grundschule, .... dann taucht irgendwo meine Großmutter auf...
Th.: ja, sei einfach mal dort
Sie erzählt von bestimmten Salben und Personen bei der Großmutter.
Th.: ja, geh einfach mal in diese Situation. Tu einfach mal so als wärst du wieder dort, wo bist du?
(Es ist wichtig aus der Erzähl-Haltung in die Erlebensebene zu kommen, um die Themen sichtbar zu machen, „die Ladung besitzen“. „Geladen“ bedeutet Themen, Situationen und Figuren, die starke Gefühle hervorrufen. Wenn diese Themen etc. sichtbar geworden sind, kann in weiteren Sitzungen an der „Entladung“ gearbeitet werden. Nur wenn die gestauten Gefühle sich entladen haben, ist Veränderung in den Bildern und Gefühlen möglich. Dann kann von selbst etwas neues entstehen. Prinzip der Selbstorganisation)
Kl.: Dann bin ich in meinem Kinderbett
Th.: wie alt bist du da?
Kl.: älter schon, aber noch nicht in der Schule
Th.: hmm---- ja, --- wie ist das dort in deinem Kinderbett. Sei einfach mal dort, spür dich noch mal rein
Kl.: ich weiß nicht, ich seh mich da sitzen und krieg wieder diese Handschuhe angezogen und zugebunden.
Th.: hmm, wie ist das für dich, das zu sehen?
Kl.: nicht aufreibend oder irgendwie so ein bißchen: ja es ist eben so.
(Die Betrachterebene ist eigentlich die richtige Ebene für die Probesitzung, doch die Kl. formuliert die Sätze emotional vollkommen unbeteiligt. Da eine Ladung bisher nicht spürbar ist, entschließt sich die Th. eine Ebene tiefer einzusteigen.)
Th.: guck doch mal ob du mit deinem Bewusstsein in die Kleine gehen kannst. Probier doch einfach mal... dich in sie reinzuversetzen...
Kl.: ja, das ist warm an den... - ich hab zwar kalte Hände jetzt im Moment - aber so vom Empfinden ist es eben warm, so eingezwängt...
(Hier ist eine erste Ankündigung von einem heftigeren Gefühl, da es jedoch eine Probesitzung ist, steigt die Th. nicht tiefer auf dieses Gefühl ein, sondern möchte den Zusammenhang - hier zu einer Person- sichtbar machen. Es könnte auch sein dass sich hier das Thema Grenzüberschreitung durch die Mutter andeutet, die sich noch öfter zeigt.)
Th.: ja, schau mal, wer macht dir die Handschuhe um?
Kl.: Meine Mutter
Th.: ja, sag ihr das doch mal. Teil ihr einfach mal mit wie es dir ist, wie es dir damit geht.
Kl.: --Ungehaltener Ton--- ich mag das eigentlich nicht!!. Das ist so warm und das schnürt auch so an den Handgelenken ein.... ich möchte das nicht haben!
(Hier wird die Ladung an Stimmlage und Lautstärke spürbar.)
Th.: ja, genau! Wie reagiert deine Mutter darauf?
Kl.: ---ungehalten, den Ton der Mutter nachahmend--- „ja, aber du kratzt doch dann wieder, dann ist wieder alles ganz wund und dann tut’s wieder weh!“
Th.: wie ist das für dich, wenn sie das sagt?
Kl.: ja so, dass im Prinzip der schwarze Peter bei mir liegt.
Th.: ja, sag’s ihr mal. Teils ihr mal mit!
Kl.: Also mach ich das alles falsch?
(Hier zeigt sich bereits ein Thema, das noch öfter auftauchen wird: Das Gefühl immer alles/etwas falsch zu machen.)
Th.: hmm und guck, wie sie reagiert
Kl.: -- die Mutter nachahmend:--- „ja, ich kratz dich ja nicht! ja das machst du ja! Du kratzt dich ja nachts, auch wenn du es nicht merkst!“ –nicht bewusst merkst.
Th.: ja, ---- wie ist das für dich?
Kl.: ja dass man imm... was falsch macht (Hier bestätigt sich das Thema.)
Th.: ja, sag’s ihr mal in der ich-Form: „ich fühl mich so, als würde ich was falsch machen“
(Es ist wichtig Dinge in der ich-Form zu formulieren, da der Kontakt und das Gefühl und die Konfrontation dadurch konkreter und spürbarer wird. Die man-Form ist distanziert und lässt uns nicht so fühlen, wie die Situation ist. In der Synergetik-Therapie ist es wichtig die Gefühle aber zunächst wieder spürbar zu machen, zum Fließen zu bringen, um dann durch aktives Handeln Veränderung und Wandlung herbeiführen zu können. Hier ist sichtbar, dass es der Klientin noch nicht so leicht fällt, ich-Sätze zu bilden. Dies heißt, dass sie sich den damit verbundenen Gefühlen noch nicht stellen kann.)
Kl.: ja, wenn’s aber einfach juckt dann muss ich mich kratzen! Weil’s nicht auszuhalten ist.
Th. unterstützt sie darin, auszudrücken wie es ihr geht. (Damit wird der Prozess gefördert, das eigene Gefühl zum Ausdruck zu bringen.)
Kl.: ---ruft laut und mit Nachdruck und Verzweiflung in der Stimme: -- Das juckt unwahr-schein-lich und ich merk das auch nicht, wenn ich mich nachts kratze. Ich mach das nicht mit Absicht!!!
Th.: teil’s ihr auch mal mit, dass es dir vorkommt als würdest du was falsch machen
Kl.: ich hab das Gefühl wenn du sagst, „ja du kratzt dann aber“, dann hab ich das Gefühl, dass das was schlimmes ist, was ich da mache...---Th. unterstützt sie.--- Aber ich hab es doch!
Th.: Genau!--- Wie reagiert sie darauf?
(Da die Bilder der Innenwelt Ausdruck der eigenen Spannungen, der unerlösten Themen sind, ist es wichtig die Reaktionen dieser Energiebilder abzufragen. Je freier und erlöster eine Beziehung oder ein Thema ist, desto leichter, freundlicher unterstützender reagiert das innere Bild.)
Kl.: erst mal macht sie gar nichts
Th.: Ja. Guckt sie erstaunt oder...?—die Kl. unterbricht sie---
Kl.: Ist eigentlich keine Reaktion.
(Hier reagiert das Bild also gar nicht, was für wenig Erlösung spricht. Durch das Nicht-Reagieren wird der Konflikt deutlich. D.h. hier „ist Spannung drauf“, eine gewisse Ladung, Brisanz vorhanden.)
Th.: ja, wie ist das für dich, wenn sie gar nicht reagiert?
Kl.: Ja, dann hab ich das Gefühl, sie versteht das eigentlich gar nicht.
(Ein weiteres Thema, das sich noch öfter zeigen wird: die innere Person, Figur versteht nicht: Hier zunächst die Mutter.)
Th.: ja, sag ihr einfach mal direkt: ich hab das Gefühl du verstehst mich gar nicht.
Kl.: ich hab irgendwie das Gefühl Du verstehst gar nicht wie schlimm das ist, wenn das juckt!!!
(Direkte Ansprache der Bilder und Figuren ist wichtig, um tiefer und intensiver in die Erlebensebene zu kommen.)
Th.: Genau
Kl.: und, dass man da einfach kratzen muss, weil man das gar nicht aushalten kann.
(Wieder ‚man’ statt ‚ich’: Die Klientin braucht die distanzierte Haltung noch stark, weil das Thema und das damit verbundene Gefühl heftig ist. )
Th.: Ja! Genau.
Kl.: Aber du reagierst gar nicht drauf! ---Bewegt die Hände--- und jetzt hab ich ganz kalte Hände.
Th.: ja! Genau! Geh dem Impuls nach und beweg deine Hände
(Auch Körperreaktionen und spontane Impulse können zu wichtigen Informationen führen.)
Kl.: Ganz kalte Hände!--- Räuspert sich----
Th.: ja genau, mach die Bewegung, geh dem Impuls nach! --- und zeig ihr mal, wie es dir geht!
Kl.: Hier dieses Kratzen... das ist wie.... da kann ich mich gar nicht gegen wehren!!! ...Ich hab immer das Gefühl, das versteht überhaupt keiner, wie einen das pieren kann, wie einen das verrückt macht und wie einen das nachts wecken kann und ...oder auch nicht --- wie man unbewusst da einfach kratzt!
Die Th. hält sie zur direkten Ansprache in der ich-Form an. Die Kl. braucht jedoch anscheinend die distanzierte Form der Ansprache, da das Thema heftig zu sein scheint. Da fällt der Kl. plötzlich ein:
Kl.: und das versteht mein Mann auch nicht.
(Das Thema, das sie mit der Mutter hat, wiederholt sich also auch in der Beziehung zu ihrem Mann. Ihr Mann versteht sie auch nicht.)
Th.: Ja, lass ihn gleich mit da sein.
Kl.: --- sie erzählt erst, was er so sagt und dann ruft sie mit Verzweiflung in der Stimme --- Das ist furchtbar manchmal: Das muss man einfach manchmal: bis es weh tut einfach kratzen!!!
Th.: ja lass sie beide mal da sein und zeig’s ihnen mal
(Die direkte Konfrontation mit den betroffenen Bildern/Personen lässt die Gefühle intensiver hervortreten.)
Kl.: Es nervt! Es piert! Das macht einen verrückt und man muss es so lange machen bis dieses Jucken übertönt wird , dass es wehtut... und das kann einfach keiner.... --- sie wird zur direkten Ansprache aufgefordert --- ...dass es einfach einen wahnsinnig machen kann!!!! ... und sogar im Unterbewusstsein wahnsinnig machen kann, dass ich oft nicht mal weiss, dass ich mich kratze. Und ich weiss das auch nicht, dass ich das jetzt auch noch tue dass das ganze Bett wackelt!! Das macht mich verrückt!! Und wenn es eine Stelle ist, an die ich schlecht herankomme, dann bringt das natürlich einfach Unruhe mit sich, weil ich mit meinen Händen versuche, mit meinen Nägeln versuche ranzukommen, das weg-zu-kratzen!!! --- sie betont die Silben stark getrennt --- Dass es aufhört einfach irgendwo.
(Sie hebt während des letzten Satzes die Hände wie als würde sie kratzen.)
Th.: genau: mach mal ruhig die Bewegung: Was will dein Körper tun? Was wollen Deine Hände tun?
Kl.: Kratzen!!!!!
Th.: Ja genau, mach das mal
Kl.: Die wollen kratzen und krallen ---macht die Bewegungen mit Händen und Armen--- und das weg haben!!! Und wenn es dann wehtut, dann ist es eigentlich fast erledigt! Dann hört dieses verfluchte Jucken halt irgendwie auf!
(Emotion wird zum Ausdruck gebracht, etwas Spannung kann abfließen)
Th.: Ja, probier doch mal das, was du zerkratzen möchtest vor innerem Auge auftauchen lassen. (Dies ist eine mögliche Intervention, um sichtbar zu machen, was sie stört und was sie weg haben will. Doch sie steigt nicht darauf ein.)
Kl.: Ich könnte den anderen kratzen. Das macht mich unheimlich wütend!!!!
(Da es sich hier nun gezeigt hat, wo die Ladung sitzt und es eine Probesitzung ist, wird hier nicht vertieft. In einer Lösungssitzung würde man hier nun Gelegenheit geben, um noch mehr Spannung abzubauen. In der Probesitzung hat sie sich dieses Thema nun angeschaut. Daher führt die Th. die Kl. weiter, um noch weitere Verknüpfungen sichtbar zu machen und fragt sie, woher sie diese Wut noch kennt. Die Klientin erzählt daraufhin, dass sie ihren Mann mal auf den Arm geschlagen hat, als er ihr vorwarf:)
Kl.: --- ihren Mann nachahmend--- „Du bist so empfindlich!!!“
(Ein Kernsatz, der noch öfter auftauchen wird.)
Durch den Ärger darüber landet sie an dem Punkt, wo sie auf die Welt gekommen ist:
Kl: ja, dieser Mist muss ja irgendwo schon da gewesen sein, als ich auf die Welt gekommen bin. Und irgendwer wird damit nicht fertig, hab ich das Gefühl!!! (wieder keine ich-Aussage: wer wird denn nicht damit fertig?)
Kl: Im Moment seh ich mich da nur (die Mutter ist nicht da)
Th.: Von außen? Siehst du dich als Kind?
Kl: ja so klein. --- Irgendwo. --Sie schluckt und wird traurig, weint aber nicht.--
Th.: ja ---lässt ihr Zeit. --- Dann kommt Wut:
Kl: ich weiß nicht! Ich hab das Gefühl, die können mit mir nichts anfangen!! Weil das so ist --- ihre Stimme bringt Fassungslosigkeit zum Ausdruck--- ja, meine Mutter steht irgendwie weit weg!!!
(Die gefühlsmäßige Distanz drückt sich nun auch im Bild aus. Sie fasst nach einer kurzen Pause (un)bewusst noch einmal selbst ihre Themen zusammen:)
Kl.: Du stehst nicht bei mir! Ich hab nicht das Gefühl, dass Du liebevoll bei mir bist! Ist nur Gerede, ist nicht wirklich liebevoll, sind nur Worte. Ich hab immer das Gefühl ich rede und da ist keiner, der zuhört. Auch keiner, der das verstehen will. Ich lieg hier völlig alleine. Du bist ganz weit weg. Kann nicht mal dein Gesicht sehen. Ich hab mir das nicht ausgesucht!!!!! --- Seufzen--- Ich hätte gerne auch eine dicke Haut.
Die Th. leitet sie an, sich mal vorzustellen, wie das aussieht. Sie macht sich eine Jacke, die sie anziehen könnte -- bei Bedarf.
Kl.: Sieht wirklich aus, wie Elefantenhaut. So ein bisschen faltig und grau, aber fest.
Sie sieht sich da sitzen, sieht dann ihr fröhliches Kindergesicht. Nach einer Weile kommt dann doch der Moment, dass sie merkt, wie die Haut warm ist: am Rücken und Bauch, aber Hände und Füße unheimlich kalt sind.
Kl.: Irgendwie such ich so ein bisschen Wärme!
(Sie bringt hier ein Thema, das immer wieder auftauchen wird, nämlich Wärme/Kälte, selbst mit diesem Satz zum Ausdruck.)
Bei der Vorstellung, wer oder was ihr Wärme geben könnte, bekommt sie zunächst die Vorstellung von einem Kachelofen und ihrem Hund. (keine menschlichen Gestalten)
Dann kommt aber noch die Erinnerung an die Einschlafszene mit ihrem Mann von früher, was sich für sie immer sehr angenehm und kuschelig angefühlt hat.
Kl.: Unheimlich gemütlich, schön warm, ich genieß das.
Diese Szene führt sie weiter in eine Kindheitsszene, die die Beziehung zu ihrem Bruder ausdrückt: Als Kind, wenn Besuch gekommen ist, dann mussten ihr Bruder und sie ein gemeinsames Bett teilen.
Kl.: „Mein Bruder hat das immer abgelehnt mit der Begründung: „Die ist immer so warm!!!“
(Das Thema Nähe und Distanz zeigt sich hier verknüpft mit dem Ausdruck von Wärme bzw. Kälte. Auch hier könnte Grenzüberschreitung ein Thema sein.)
Sie hat wiederum das Gefühl, dass er ihr den schwarzen Peter zuschiebt:
Kl.: Du tust so, als ob ich die Schuld daran habe, dass Du da aus deinem Bett ausziehen musst. Dabei erwarten unsere Eltern einfach nur, dass wir das vernünftig handhaben und haben aber meiner Ansicht nach beide noch nicht richtig begriffen, warum wir das beide nicht wollen!
Die Th. schlägt ihr vor, doch jetzt mal die Initiative zu ergreifen und es jetzt mal in der Innenwelt zu probieren.
(Diese Intervention soll der Kl. die Möglichkeit geben einmal erste Erfahrungen mit kleiner Veränderungsarbeit zu machen.)
Kl: Ach der sagt ja nix. Du sagst ja eh nix!! Du ziehst ja nicht mit mir an einem Strang!!! Das muss ich ja dann wieder sagen. Dann heißt es wieder: ich bin aufmüpfig und aggressiv.... Weil Du nichts dazu sagst!!
Die Th. gibt ihr die Chance an dieser Stelle mal eine kleine Veränderung auszuprobieren und sie nimmt sie auch wahr: Sie setzt gegenüber ihren Eltern und ihrem Bruder durch, sich ein Nachtlager auf dem Boden bauen zu können. Dabei bestätigen sich wiederum die Muster: Die Familienmitglieder können sie nicht verstehen, sind unbeteiligt und „stehen nur blöd rum“, wenn sie etwas für sich durchsetzt. Sie fühlt sich in „ihrer Höhle“ aber sehr gemütlich, warm, kuschelig, geschützt, geborgen und hat zum ersten Mal das Gefühl, dass sie was eigenes hat. Die Kl. erwähnt ihren Teddy, worauf hin die Th. ihr wirklich ein Kuscheltier reicht.
Kl: ---freudiger Aufschrei--- Ja, das ist gemütlich! Den (Kuscheltier) kann ich hier schön so hinlegen und dann bin ich nicht alleine. Und dann hab ich da...... ja, das gefällt mir sehr gut!
(Die Erlebensebene wird durch die Möglichkeit, wirklich ein Kuscheltier in den Armen zu halten verstärkt. Zugleich wird entspannende Musik mit Kinderlachen eingespielt. Die Musik „ankert“ wiederum dieses wohlige Gefühl, womit sich neue Verbindungen im Gehirn ausbilden können. Somit sind neben den Bildern und dem wohligen Gefühl auch der Tast- und Gehörsinn aktiv beteiligt und führen zu neuen Verknüpfungen von verschiedenen Nerven und Gehirnarealen und zu intensiverem Spüren und Erleben.)
Th.: ja, dann bleib einfach mal drin in dem Gefühl. --- Spielt Entspannungsmusik ein. --- Und spür mal rein, wo in deinem Körper du das empfinden kann, dass Du da Dein eigenes Reich hast.
(Die Rückverbindung mit dem eigenen Körper ist wiederum wichtig, um stärker fühlen und wahrnehmen zu lernen. Prompt kommt auch die Reaktion zustande:)
Kl: Ja das ist fast wie die Haut!!!! --- Freudig laute Stimme--- Ich stell mir das so... dass ich da so ein warmes Licht von der Taschenlampe habe, mein Buch habe... und der Teddy so ne Wärme abgibt. .... Das ist so ganz meins!!! Ganz für mich!!!
Th.: ja genau, sag das noch mal. (Die Wiederholung von positiven Sätzen kann ebenso das Erleben und Fühlen verstärken.)
Kl: Das ist so ganz meine Gemütlichkeit. Das ist so ganz meins. Das gehört mir. Das bin ich!
Th.: ja!!! und spür das mal!!
Kl: --- atmet erleichtert auf:--- Das ist schön!!!
Th.: Ja (freut sich mit)
Schließlich bemerkt die Kl. sofort selbst durch assoziative Verknüpfung, was noch ihr Thema ist:
Kl: und das ist das, was ich im Moment dauernd suche. Meinen eigenen Raum, wo ich mich bewegen kann, wie ich will!!!! Wo nicht, wenn ich lese wieder einer kommt und sagt: „ehh jetzt kommt ‚friends’ (eine Fernsehserie) das will ich gerne sehen!“ und dann ist meine ganze Ruhe und Gemütlichkeit wieder im Eimer!
(Hier zeigt sich womöglich ein weiteres Thema: mangelnde Kraft, Grenzen zu setzen, oder Grenzüberschreitungen zuzulassen.)
Kl: ja das ist schön. Da fühl ich mich wohl. Das merkt man auch glaub ich an der Stimme: ne? Das ist angenehm. Das brauch ich. Das wünsch ich mir. Auch das Alleine-sein.
Th.: Dein eigenes Reich haben. Deine Höhle, in die du dich zurückziehen kannst?
Kl: ja, und das hab ich glaub ich immer verleugnet. Oder hab gemeint ich brauch’s nicht. Oder hab’s weggedrängt. Oder...
Th.: zeig das mal deinen Eltern. Lass die doch einfach mal zugucken, wie du da in deinem Reich in deiner Höhle bist und sag’s ihnen mal: hier das hab ich glaub ich immer verleugnet... aber sag’s mit deinen Worten.
(Die Quervernetzung macht ggf. noch weitere Verknüpfungen oder Probleme sichtbar.)
Kl: ja das find ich hier unheimlich gemütlich und ich ... da fühl ich mich wohl. Und da brauch ich auch keinen anderen. --- Und da ist es friedlich.
Sie wird aufgefordert, es in der ich-Form und mit ‚hier’ statt ‚da’ zu sagen. Sie kommt der Aufforderung nach. Die Eltern neigen sich nicht zu ihr runter bleiben unbeteiligt oben und sie fühlt sich quasi wortwörtlich „am Boden.“ Sie nimmt ihre Resignation wahr. Und gibt ihr Thema mit folgenden Worten zum Ausdruck:
Kl.: Euch interessiert das hier ja gar nicht! Dass das hier so gemütlich für mich ist und dass ich mich hier so geborgen fühle und dass... so schön umhüllt. Und... ja dass es warm ist und... da hab ich den Eindruck: das ist euch ganz wurscht!
Th.: wie reagieren sie?
Kl.: --tiefer Seufzer:--- Sie stehen und schauen..
Th.: wie ist das für dich?
Kl.: Blöd! Blöd! Es nimmt mir irgendwie so einen Teil meiner Freude hier unten.
Schließlich entscheidet sie sich:
Kl.: ja die stehen da noch ein bisschen dösig rum, aber ich konzentrier mich jetzt auf meine Lektüre und mir ist das jetzt einfach egal!! Ja, ihr seht echt aus wie begossene Pudel, als ob euch das so nicht gefällt… Es ist so als ob sie eine Schlappe haben hinnehmen müssen.
Th.: ja genau sag’s ihnen mal
Kl.: ist das jetzt ne Schlappe für Euch, weil ich darauf bestanden habe hier meine eigenes Bett zu bauen?
Th.: Kommt ne Reaktion?
Kl.: nee! Aber ich fühl mich so ganz gut.
(Hier ist ein erster kleiner Schritt getan: Sie hat ein positives Gefühl nach der Veränderung, der sonst in Realität negativ erlittenen Situation. Dies ist jetzt noch nicht die große Veränderung, noch keine Erlösung des Themas, aber ein angenehmes Erfolgserlebnis. Daher wird dieser Erfolg nochmals durch Zeit zum Spüren verstärkt und kann sich dadurch festigen).
Th.: Ja dann bleib einfach mal in dem Gefühl...
Mit der Zeit werden dann auch die Füße langsam warm. Die rechte Hand ist schon schön warm die andere wird noch eingepackt in die Höhle (die Decke). Der Oberkörper ist auch sehr warm und angenehm für sie.
Th.: und nimm einfach mal wahr, wie das ist, dich da durchgesetzt zu haben, mal was anders gemacht zu haben als die Eltern wollten.
Kl.: Das ist schön. Irgendwie gibt einem das ... mir so das Gefühl etwas erreicht zu haben. Und so ein bisschen ein Erfolgsgefühl, ---ganz vorsichtig formuliert sie, Stimme ganz zart--- ein bisschen Siegergefühl, sag ich mal ganz vorsichtig.
Th.: und spür das mal
Kl.: Es ist so ein angenehmes Erfolgserlebnis für mich etwas erreicht zu haben.
Th.: Nimm das mal wahr. Wo sitzt das denn, das Gefühl?
Kl.: Seufzt ganz tief und atmet frei durch-- ja so in der Brust. Und dann so hier: im Solar plexus. Ja, das ist sehr erhebend irgendwo.
Th.: Ja genau. Und spür das mal und mach dir das mal ganz bewusst.
Kl.: ja man schwebt so ein bisschen. (korrigiert sich zum ersten mal selber) Ich schwebe ein bisschen. Nicht man, ich schwebe ein bisschen. ---freut sich, Lachen in der Stimme--- und das gibt so ein Bäume-Schüttel-Gefühl. So ---ruft laut--- Ha!!! --- Und fängt an herzlich und befreit zu lachen.---
Th.: lacht mit und fordert sie auf es weiter auszudrücken. (Hier ist Unterstützung nötig und förderlich, um die Erlebnisfähigkeit zu verstärken.)
Kl.: macht mit den Händen ein Bewegung als würde sie wirklich einen Baum schütteln. Und ruft:--- ha! Super Gefühl!
Sie kann sich mit der Zeit komplett in dieses Gefühl reinsteigern und es voll genießen. Sie nimmt die Arme noch ganz kräftig mit rein und schleudert sie in Freude und juchzen von sich. Sie ruft ein rhythmisches ja! Und nimmt den ganzen Körper mit rein.
Kl.: Ja das ist irgendwie so ein tolles Gefühl!!... und irgendwie hab ich mich immer vor diesem Gefühl gedrückt!!! Weil ich immer dachte: du kannst das eh alles nicht. (Mustersatz)
Sie kuschelt sich in ihre Decke, jubelt und singt so vor sich hin. Pfeift und bewegt sich zur Musik. Am Ende des Feierns bemerkt sie noch:
Kl.: „Das ist eigentlich nicht so --- mein Ding, solche Machtkämpfe zu gewinnen. Und dann sag ich mir auf der anderen Seite sofort wieder: ja, aber... Du willst es jetzt. Das ist ein schönes Gefühl, das du da hast. Dass ich mir das jetzt auch wirklich gönnen muss. Dass ich es mir nicht wieder selber kaputt mache.
Th.: Ja, genau in dem Bewusstsein bleib mal. --- Sie spielt Applaus/Klatschen ein.---
Kl.: Danke. Danke. Danke. ---nickt mit dem Kopf.--- Vielen Dank.... O.k., o.k. danke. ---Und winkt ab.---
Die Therapeutin lässt sie noch mal Bezug nehmen auf die Realität heute im außen, auf die Tatsache, dass sie bisher ignoriert habe, ihr eigenes Reich zu haben. Dass sie sich gewünscht hat ihr eigenes Zimmer zu haben. Sie regt sie an, einfach mal in der Innenwelt sich dieses eigene Zimmer zu schaffen. Daraufhin erzählt die Klientin, dass sie bereits angefangen hat in Realität ihr eigenes Zimmer im ersten Stock einzurichten. Dieses sei aber sehr klein und es sei noch das Gästebett darin, denn es war vorher das Gästezimmer.
(Hier zeigt sich wiederum das Muster: wenn Gäste kommen, muss sie das „eigene Reich“, als Kind früher ihr Bett, jetzt „ihr“ Zimmer räumen. Diesmal ist es nicht die Mutter, die anordnet, dass sie ihr Bett dem Gast geben soll, sondern die Mutter ist der nächste Gast, deretwegen sie „ihr“ Zimmer wieder räumen muss, weil sonst kein Platz für sie im Haus ist. Dies zeigt, wie aktiv das Thema Mutter noch ist.)
Die Klientin richtet in ihrer Innenwelt ihr Zimmer mal so ein, wie sie es möchte. Sie wirft das Gästebett raus und richtet sich eine kuschelige Sitzecke ein und fühlt sich da sehr wohl. Beim Familienrat weiß auch keiner Rat, was mit dem Gästebett oder mit dem Gast passieren soll. Beim Vorschlag die Mutter mal in der Pension unterzubringen macht die Kl. eine abwehrende Handbewegung.
Kl.: „Das ist für mich unheimlich unerträglich.--- Ich tu alles, nur damit sie bloß nicht eingeschnappt ist.“
(Ein zentrales Thema: Abgrenzung gegenüber / Ablösung von der Mutter).
Kl.: Sie atmet schwer und stottert:--- „Das... das. Das belastet mich unheimlich, wenn ich merke, dass mein Mutter mit mir rum-mault! ---- wird zur direkten Ansprache aufgefordert --- Das belastet mich, wenn du hier mit mir.... wenn ich schon dieses Gesicht sehe, dann weiß ich schon, dass ich wieder ganz ...Dann weiß ich schon wieder, dass ich was.... ganz schlimmes gemacht hab. Dass ich wieder alles... falsch gemacht habe (Mustersatz) und sowieso was ganz schuldiges bin, was schlechtes.
(Das Mutter-Thema ist also mit Schuldgefühlen, schlechtem Gewissen, die eigenen Interessen durchzusetzen und Vermeidung der Konfrontation mit den Gefühlen gegenüber der Mutter verknüpft. Die Th. könnte die Kl. jetzt tiefer führen, wenn es keine Probesitzung wäre. Die Energie stockt im weiteren Verlauf und die Th. nimmt die Blockade und die Schwierigkeit der Kl. sich dieser Thematik zu nähern wahr und kann so in einer nächsten Sitzung auch auf dieses Thema lenken, wenn es sich anbietet. Sie beschließt hier jetzt, die Sitzung hier ‚abzurunden’.)
Die Therapeutin versucht sie noch einmal in die Anfangssituation zu führen, in der die Klientin feststellt, dass sie dieses Jucken ja bereits mitbringt und sie eigentlich gar nichts dafür kann. Sie fordert sie auf reinzuspüren, ob das was miteinander zu tun hat, denn es geht ja letztlich darum, die Neurodermitis aufzulösen. Die Klientin kann den Zusammenhang wahrnehmen, hat jedoch Formulierungsschwierigkeiten, das auszudrücken, was sie schon fühlt. Sie kann es zunächst nicht verbalisieren, probiert es dann aber doch:
Kl: „Ich wollte dieses Kratzen und diese Haut eigentlich nicht, weil ich ein normales Kind sein wollte, das man einfach lieb haben kann. Und heute verbiege ich mich wie wahnsinnig, um mir das zu holen, was ich schon damals nicht bekommen habe.
Sie macht sich noch mal klar, dass sie sich das ja nicht „angelacht“ hat, sondern dass sie das ja vererbt bekommen hat. Sie erkennt, dass sie das ganze Leben lang Verantwortung für etwas übernommen hat, wofür sie eigentlich gar nichts kann. Sie ärgert sich, dass sie „so dämlich“ gewesen ist. Und dass sie das alles auf sich bezogen hat. Sie erkennt, dass die Mutter durch ihren Suizidversuch bei ihr bewirkt hat, dass sie sich noch mehr um sie bemüht hat und noch stärker versucht hat ihr alles recht zu machen. Sie z.B. auch auf Reisen mitgenommen hat. Die Kl. erkennt ihr Motiv, dass sie das alles gemacht hat, weil sie nicht von anderen gesagt bekommen wollte, dass sie sich nicht um ihre Mutter gekümmert habe. Sie wollte immer die hervorragende Tochter sein. Die perfekt sein wollte. Sie erkennt, dass sie Angst hatte davor, jemand könne sie rügen, irgendetwas versäumt zu haben.
(Hier kündigen sich weitere Themen wie Perfektionismus, Angst vor der Kritik anderer, oder Selbstwert an.)
Zum Abschluss fordert die Therapeutin die Klientin daher auf, ihrem perfektionistischen Anteil mal eine Gestalt zu geben.
(Die bildhafte Umsetzung eines inneren Anteils, einer Haltung oder Rolle erleichtert die Bearbeitung: Es wird sichtbar, welche Gefühle bezüglich dieses Anteils bestehen. Das Bild und die Konfrontation damit macht die innere Haltung schneller sichtbar, als die Überlegungen oder das Erzählen darüber.)
Diese bildhafte Umsetzung empfindet die Kl. zunächst als „ganz schlimm“. Dann kommt jedoch noch ein Bild: ein sog. „Fleckenzwerg“ aus der Werbung.
Kl.: Ehh, du bist blöd. Du bist eklig.
Die Th.. fordert die Kl. auf, sich mit dieser Figur zu verabreden, da dieses ja eine Probesitzung ist. Doch sie scheut davor zurück, sich mit ihm zu verabreden. Der Gedanke jedoch, etwas über ihn zu schütten, was ihn zum Verschwinden bringt, bereitet ihr sichtlich Freude. Gemäß der Aufforderung sich klar zu machen, dass er so aussieht meint sie:
Kl.: hübsch, hässlich! ....Pause.... ich könnt ihn würgen!! --- sie schreit und ruft, dass sie ihn mit Wonne würgen würde und macht dabei mit den Händen Handbewegungen als würde sie jemanden würgen. Und sie schüttelt sich bei dem Gedanken.
(Das bedeutet sie ist hier schon im Prozess der Bearbeitung, der eigentlich für eine weitere Sitzung angedacht war. Da die Verabredung nicht möglich war, lässt die Th. der Kl. den Raum die Gefühle zum Ausdruck zu bringen.)
Kl.: Du bist eine eklige Pampe: ich könnte dich nehmen und an die Wand schmeißen.
Nach Aufforderung durch die Therapeutin, ist sie sogar bereit es zu tun und sieht hin, um zu sehen, ob er schon hin ist. (Hier sieht man gut, wie die Klientin in die Konfrontation gehen kann mit der entsprechenden Unterstützung.) Sie lebt erste Aggressionsattacken gegen diesen Fleckenzwerg aus, der wie Flummi-Masse aussieht. Er ist noch nicht weg, aber sie spürt richtig ihren Ekel und ihre Abneigung. In diesem Prozess ist damit das erste Mal eine spontane, aggressive Reaktion spürbar:
Kl.: so krallig, katzenartig: Dieser scheiß Perfektionismus, dieses: immer lieb sein, es immer allen recht machen. Und nicht die Kraft haben, zu sagen: ich kann’s nicht allen recht machen und dann müsst ihr mich so nehmen, wie ich bin. ---Ruft dann-- Und ich ertrag das, wenn ihr mich dann nicht mehr mögt!
Somit zeigt sich, dass der Perfektionismus mit dem Mutterthema verknüpft ist und sie eigentlich eine Abneigung dagegen hat. Die Klientin erkennt zudem, dass ihr noch der letzte Schritt zur Umsetzung fehlt und sie der Mutter quasi daher immer noch das Recht einräumt in ihren Bereich einzugreifen und damit auch immer noch bereit ist, ihr das Zimmer zu überlassen. Sie verabredet sich mit ihr fürs nächste Mal.
(Wenn man eine Verabredung mit einem inneren Energiebild trifft, kann man für dieses Mal ‚die Ladung rausnehmen’ und dem Unterbewusstsein signalisieren, dass es bald bearbeitet wird. Dies erleichtert oft in der weiteren Bearbeitung den Wiedereinstieg.)
Anschließend bleibt die Klientin dann noch eine Weile in dem Bild, wo sie auf dem Boden in ihrer Höhle liegt und kuschelt noch etwas in der Höhle mit der Decke, begleitet von entspannender Musik. (Wiederholung und Festigung des positiven Erfolgserlebnisses.)
(Somit ist diese Probesitzung zwar nicht klassisch vom Einstieg her, zeigt aber durchaus die Vernetzungen und Themen. Zugleich wird deutlich welche synergetischen Mittel/Interventionen schon möglich oder noch nicht möglich sind. z.B. ist am Anfang zunächst nur möglich, sich die Szenen von außen wie auf Fotos anzuschauen, was sich im Laufe der Sitzung dann verändert. Die Konfrontation ist z.B. möglich, der Bewusstseinswechsels noch nicht, die Gefühle sind vor allem in Bezug auf die Mutter und den Bruder blockiert, aber Erkenntnisse, dass z.B. ihr Perfektionismus ihr im Wege steht, sind bereits vorhanden. Die Konfrontation mit den Gefühlen vor allem in Bezug auf die Mutter werden aber noch gemieden. So ist für die Therapeutin am Ende der Sitzung auch klar, welche Themen anliegen und wo es schwieriger sein wird, sich den Themen zu nähern. Zugleich hat die Klientin erste positive Erfahrungen im Erleben und Verändern erfahren und freut sich auf die nächste Sitzung, für die sie sich sogar schon mit einer Figur ihrer Innenwelt verabreden konnte.)